Pharmazie und Politik – Wechselwirkungen
II. Pharmazie und Gesellschaft
2. Geschichte der Pharmazie
Die Beschäftigung mit der Geschichte der Pharmazie ermöglicht ein besseres Verständnis der heutigen Bedingungen für den Beruf und für die Arzneimittelversorgung. Deswegen greifen wir
pharmaziehistorische Themen auf.
VDPP-Mitglieder untersuchten bereits vor der Vereinsgründung innerhalb der Gewerkschaft ÖTV z. B. die Geschichte des Reichsgesundheitsamtes in der NS-Zeit, die Angestelltenbewegung der
ApothekerInnen in der Weimarer Republik und die Zusammenarbeit von ApothekerInnen mit dem Zivilschutz zur Vorbereitung von Kriegen.
Zu folgenden Themen haben wir Ausstellungen auf Deutschen Apothekertagen vorgestellt: „Vertreibung und Vernichtung jüdischer Apotheker” (1991) und „100 Jahre Frauenpharmaziestudium” (1999). Zu
Letzterem wurde 2001 das Buch „Frauen in der Pharmazie“ veröffentlicht.
Uns interessieren vor allem:
1. Das Verhältnis unseres Berufsstandes und der pharmazeutischen Industrie zum Nationalsozialismus:
Die Verstrickungen der ApothekerInnenschaft mit dem NS-Staat gilt es aufzudecken, nach den Ursachen zu fragen und die Ergebnisse dieser Forschung in der Berufsöffentlichkeit breit zu diskutieren.
Gleiches gilt für die pharmazeutische Industrie: die IG Farben (u. a. Hoechst, BAYER, BASF, Cassella, Kalle) lieferte einen großen Teil des notwendigen Kriegsmaterials und bediente sich für dessen
Produktion der Häftlinge der Konzentrationslager. Die IG Farben verdiente auch direkt an der fabrikmäßigen Ermordung der KZ-Häftlinge durch die Lieferung von Zyklon B nach Auschwitz. Sie nahm zudem
den Tod von Menschen bei Experimenten zu „Forschungszwecken“ in Kauf. Die pharmaziehistorische Forschung muss die Fragen klären: Warum waren die Apotheker in überdurchschnittlichem Maße für den
Nationalsozialismus anfällig? Warum ließen sich die Berufsorganisationen so leicht gleichschalten? Wir fordern, sich verstärkt dieser Problematik zu stellen und entsprechende Projekte zu
unterstützen.
Es gilt, die Erinnerung an diese Vergangenheit wach zu halten.
2. Die Berücksichtigung von politischen, gesellschaftlichen und vor allem sozialen Zusammenhängen in der Pharmaziegeschichte:
Es müssen Wechselwirkungen zwischen dem Entstehen und der Ausdifferenzierung der pharmazeutischen Disziplinen und der gesellschaftlichen Entwicklung herausgearbeitet werden.
3. Die stärkere Berücksichtigung der PatientInnenperspektive:
Diese ist notwendig, um die Bedeutung der Arzneimittel und der ApothekerInnen in unterschiedlichen pharmazeutischen Berufsfeldern für das Leben der Menschen und den Umgang mit Gesundheit und
Krankheit herauszuarbeiten.
4. Die Rezeption sozialer Bewegungen durch ApothekerInnen:
Wie wurden soziale Bewegungen wahrgenommen? Warum ist die Mehrheit der Berufsangehörigen nicht innerhalb der sozialen Bewegungen anzutreffen, sondern stellt sich eher dagegen?
5. Die Beschäftigung mit der Geschichte der DDR-Pharmazie:
Mit dem Zusammenbruch der DDR und ihrem Anschluss an die BRD 1990 ergab sich für das entstehende gesamtdeutsche Gesundheitssystem die Möglichkeit, die jeweiligen Vorteile der beiden Systeme
miteinander zu verknüpfen. Im übereilten Tempo des Anschlusses wurde diese Chance jedoch nicht genutzt. Bei der Diskussion um neue Strukturen im bundesdeutschen Gesundheitswesen müssen die
Erfahrungen und verpassten Möglichkeiten der DDR-Pharmazie berücksichtigt werden. Den damaligen Einfluss von Partei und Staat gilt es aufzudecken, systemimmanente Probleme sind zu benennen.
TERMINE
07. Februar, online
09. Februar, online
Berufsfelder von Apotheker:innen und Public Health - Im Dienst der Öffentlichen Gesundheit
Teil V (Berufsfelder "Klinische Prüfung" und "Weiterbildung")
07. März, online
23. März, online
VdPP-Frühlingsseminar
"Geriatrische Pharmazie"
04. April, online
02. und 03. Juni, Berlin
VdPP-Mitgliederversammlung und Fachtagung