WARUM DIESER NAME?
VdPP-Vita
von Bernd Rehberg
Der Name „Verein demokratischer Pharmazeutinnen und Pharmazeuten” gibt schon einen Hinweis auf die Zeit seiner Entstehung. Demokratie musste damals als Leitbild besonders betont werden („Mehr Demokratie wagen” W. Brandt), um sich gegen autoritäre (Rest-)Strukturen der fünfziger und sechziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts abzugrenzen.
Entstanden ist der VdPP aus der Studentenbewegung der 60er und 70er Jahre. Es gab damals Basisgruppen an den Unis Hamburg, Berlin, Frankfurt, Marburg und München. Diese Basisgruppen haben locker zusammengearbeitet. Dazu kam noch in Berlin eine sehr aktive ÖTV-Gruppe. Häufiger getroffen haben sich die Gruppen aus Hamburg und Berlin. Bei Veranstaltungen der jeweiligen Unis unterstützten sie sich gegenseitig, indem sie an den Diskussionen teilgenommen haben. So sind auch die Gesundheitstage in Berlin 1980, in Bremen und Hamburg zum gegenseitigen Austausch benutzt worden.
Vor allem nach dem Hamburger Gesundheitstag 1981, vergrößerte sich die Gruppe in Hamburg sprunghaft und trat aus der Uni in die Apothekenöffentlichkeit.
Approbierte, Apothekemitarbeiter und Studenten trafen sich 14täglich privat oder in Kindertagesstätten. Sie tauschten sich über die Situation der Angestellten in den Apotheken aus, um die Vereinzelung zu überwinden und sich gegenseitig in den Auseinandersetzungen mit den Chefs und deren profitorientiertem Denken und Handeln ein soziales Handeln zum Wohle des Patienten entgegenzustellen. Wichtig war uns die Demokratisierung der Kammern und des Apothekertages.
Daneben war Gesundheitspolitik und allgemeine Politik heiß diskutierte Themen. Atomkraft und Nato- Doppelbeschluss! Kontakte zu den Gruppen in Berlin, Frankfurt und München wurden gepflegt. Aber mit der Zeit schmolz die Anzahl der Gruppenmitglieder dahin.
Die Themen, ob politisch oder gesundheitspolitisch, waren bundesweit, warum sich dann nicht auch bundesweit zusammenschließen? Gesagt getan, der VdPP wurde am 17./18. Juni 1989 in Hamburg gegründet.
„Im Apothekenbereich zeigt sich, wie auch bei den Ärzten, in den letzten Jahren eine immer größer werdende Anzahl fortschrittlicher und demokratischer Menschen, die versuchen, eine stärker am Wohl des Patienten orientierte Pharmazie zu betreiben und sich aktiv gegen Ausländerfeindlichkeit, gegen Sexismus in der Gesellschaft und gegen die Ausbeutung der 3. Welt zu wenden.”
„In der Vereinzelung des Kleinbetriebes Apotheke kann fortschrittliches Potential in Mutlosigkeit und Perspektivlosigkeit verkümmern, weil Gedankenaustausch und Kontakt zu Gleichgesinnten fehlt. Und dies nicht etwa nur auf dem Lande unserer Republik, sondern auch in Klein- und Mittelstädten – ja sogar in Großstädten!”
(aus einem Schreiben vom 05.06.89 an die Presse als die Begründung für die Vereinsgründung von Bernd Rehberg)
Anfangs arbeiteten die Mitglieder im Verein an unterschiedlichen Themen. Da die meisten in öffentlichen Apotheken beschäftigt waren, konzentrierten sich die Aktivitäten aber bald auf diesen Bereich: Öffentliche Apotheke. Da ich selbst (Bernd Rehberg) eine Apotheke geleitet habe, werde ich mich im Folgenden auf dieses Thema konzentrieren. Sehr schnell entwickelte sich die Idee von „Sozialen Apotheken”. Nicht mehr der Profit soll im Mittelpunkt des Apothekenalltags stehen, sondern das Wohl des Patienten. Nur wie kann man im Kapitalismus, unter diesem Anspruch, eine Apotheke führen, die sich finanziell behaupten muss? Kann man durch den Zusammenschluss von gleich gesinnten Apotheken diese Zwänge überwinden? Geht so etwas wirtschaftlich? So wurde eine Reise nach Holland und Belgien organisiert, wo es eine Form von „Sozialen Apotheke” gibt, die den Krankenkassen oder gemeinnützigen Vereinen gehören und somit auf Gewinn nicht angewiesen sind. (Nachzulesen in der Deutschen Apotheker Zeitung 1995, Heft Nr. 6, S. 17-25).
Die im VdPP organisierten Apothekeninhaber schlossen sich zu einer ERFA-Gruppe (ERFahrungs-Austausch) zusammen. Damit diese Apotheker nicht allein Inhaberprobleme (Steuern, Kampf um Rabatte, Arbeitszeit, Personalkosten, Arbeitseinsatz und Druck der Gesetze) in ihren Diskussionen favorisieren, wurde ihnen ein Apothekenangestellter zur Seite gestellt, der die Belange der Mitarbeiter und Patienten vertreten und durchsetzen sollte. Diese ERFA-Gruppe arbeitete sehr effektiv und entwickelte Forderungen, die unsere Apotheken erfüllen musste, wollte sie denn als „Soziale Apotheke” gelten.
Jeder Kunde, der die Apotheke betritt, muss beraten werden. Die Mitarbeiter müssen auf Fortbildungsseminaren auf den neuesten Wissensstand gebracht werden, auch die Helferinnen (heute PKA), damit eine umfassende Beratung von jedem Mitarbeiter durchgeführt werden kann! Das Betriebsklima muss harmonisch sein. Raum für Innovationen der Mitarbeiter müssen bereitgestellt, gefördert und belohnt werden.
Kundenbefragungen über ihre Zufriedenheit nach dem Apothekenbesuch müssen von unabhängigen Personen durchgeführt werden. Das alles kostet Geld. Ist dieses Geld da? Können diese Apotheken wirtschaftlich überleben? Können durch den Zusammenschluss dieser Apotheken Ressourcen freigesetzt werden, die diese Kosten auffangen? Und wie viel muss ein Inhaber einer Apotheke verdienen, wie viel Rücklagen muss er anlegen, um notwendige Investitionen tätigen zu können, usw.?
Alles das, was QMS heute von den Apotheken fordert, haben wir schon 1990/1991 von einer patientenorientierten Apotheke gefordert. Ja mehr noch, heute sind wir in unseren Forderungen von offiziellen Forderungen von ABDA und Kammern überholt worden. Aber wir können mit Stolz sagen, dass wir neben anderen, mit unserer Arbeit den Boden dafür bereitet haben. Nun gilt es für den Bereich der Apotheke, neue Inhalte zu finden. Das ist nicht immer ganz einfach, da auch wir im privatwirtschaftlichen System handeln müssen und vor allem die Leiter mit Interessengegensätzen leben müssen. Das, was Patienten wollen und brauchen, ist nicht immer deckungsgleich mit dem, was einem Apothekenleiter das Leben erleichtert.
Und politisch kommt jetzt noch hinzu, dass an den Bedürfnissen der armen und mittleren Bevölkerungsmehrheiten orientierte Sozialpolitik kaum noch im Bundestag vertreten ist, und wir nicht mehr zu den Anhörungen neuer Gesetze ins Bundesministerium für Gesundheit geladen werden. Die PDS war seiner Zeit bereit, uns Gelegenheit zur Darstellung unserer Positionen zu geben.
Aber über den Bereich Apotheke hinaus: In unserem Verein gibt es auch viele Mitglieder, die in anderen Bereichen, wie der Industrie, in Krankenkassen und Behörden oder in der Ausbildung arbeiten. Sicherlich hat unsere gemeinsame Arbeit im Verein auch dazu beigetragen, dass unsere Ideen und Positionen, wie sie im Programm niedergelegt sind, in die Arbeit dieser Kolleginnen und Kollegen eingeflossen ist.
Trotz der Probleme, die sich daraus ergeben, dass unsere Mitglieder inzwischen in vielfältigen familiären und beruflichen Zusammenhängen verankert sind und daher die Zeit für eine aktive Vereinsarbeit knapp geworden ist, bieten unsere programmatischen Grundsätze die Basis für Positionen und aktuelle Stellungnahmen in gesundheits- und apothekenpolitische Fragen. Wir laden alle ein, die dem Programm grundsätzlich zustimmen können, sich an den Diskussionen zu beteiligen und unserem Verein neuen Schwung zu verleihen.
Abgedruckt im Rundbrief 61
TERMINE
07. Januar, online
14. Januar, Berlin
16. Januar, online
VdPP-BPhD-Seminarreihe "Pharmazeutische Berufsfelder und Public Health"
04. Februar, online
04. März, online
01. April, online
28. +29. Juni, Frankfurt (Main)
VdPP-Fachtagung und Mitgliederversammlung