VdPP – Positionspapier

 

 

 

Sozialpharmazie in die neue Approbationsordnung!

 

 

Wir brauchen Sozialpharmazie als Forschungs- und Lehrfach an pharmazeutischen Instituten in der Bundesrepublik Deutschland. Ein Fach, das sich den Bedarfen und Bedürfnissen der Patient:innen widmet und gleichzeitig eine sozial verantwortliche Pharmazie im Rahmen des Sozialstaates zum Ziel hat.

 

Für die Aufnahme des Faches Sozialpharmazie in die neue Approbationsordnung für Apotheker:innen sprechen folgende Argumente:

 

  • Sozialpharmazie ist inzwischen in vielen Ländern der Erde, wie den Niederlanden, Australien, USA, Kanada u. a., als Forschungs- und Lehrfach verankert. Auf den alle zwei Jahre stattfindenden internationalen Social Pharmacy Workshops ist die Bundesrepublik Deutschland nur sehr selten bis gar nicht mit eigenen Beiträgen vertreten. Auch auf der Ebene der FIP (Weltapothekerverband) sowie der WHO spielen deutsche Apotheker:innen eine sehr untergeordnete Rolle, weil sie zu den dort diskutierten Themen nicht ausreichend sprachfähig sind. Das liegt auch daran, dass sie für sozialpharmazeutische Fragestellungen nicht ausreichend ausgebildet sind. Prof. Dr. Marion Schaefer (Berlin), die Anfang der neunziger Jahre den internationalen Social Pharmacy Workshop nach Berlin holte, war es trotz ihres herausragenden Engagements nicht gelungen, das Fach im bundesdeutschen pharmazeutischen Curriculum zu verankern. Der pharmazeutische Nachwuchs braucht Sozialpharmazie im Studium, um im internationalen Austausch bei den herausragenden Themen aus sozialpharmazeutischer Perspektive mitreden zu können.
  • Die Aufnahme des Faches Sozialpharmazie in den Fächerkanon der Pharmazie folgt der Weiterentwicklung der Pharmazie. Pharmazie ist derzeit in der Bundesrepublik ein fast ausschließlich auf den Naturwissenschaften fußendes Fach. Standen früher die Entwicklung von Arzneimitteln, die analytische Prüfung, die Herstellung und die Abgabe von Arzneimitteln im Zentrum pharmazeutischer Tätigkeitsfelder, hat sich dies in den letzten Jahrzehnten geändert. Heute sind Apotheker:innen in vielen unterschiedlichen Tätigkeitsfeldern beruflich aktiv, bspw. in Einrichtungen der Sozialversicherung, in Public Health-Bundes- und Landesinstitutionen, in Forschungseinrichtungen, im Katastrophenschutz, in Ausbildungseinrichtungen, in der staatlichen Überwachung usw. In fast allen diesen Institutionen, wie übrigens auch in Apotheken, sind neben naturwissenschaftlichen Kenntnissen zusätzlich sozialwissenschaftliche, soziologische, sozialrechtliche, volkswirtschaftliche, kommunikative, pharmakoökonomische, psychologische und politologische Kenntnisse notwendig. Im Fach Sozialpharmazie als Lehrfach können dazu die Grundlagen vermittelt werden. Im Forschungsfach Sozialpharmazie können die drängenden arzneimittel- und apothekenspezifischen Herausforderungen in der Gesellschaft wissenschaftlich erforscht und Lösungsansätze erprobt werden. Damit kann die Pharmazie als Forschungs- und Lehrfach einen wertvollen gesellschaftlichen Beitrag zur Optimierung des Einsatzes von Arzneimitteln in der Bevölkerung leisten.
  • Es reicht nicht aus, Kenntnisse der Sozialpharmazie im Rahmen von Fort- und Weiterbildung zu vermitteln. Der pharmazeutische Nachwuchs muss die genannten Fragestellungen, wie auch in den anderen pharmazeutischen Disziplinen, wissenschaftlich durchdringen und schon im Rahmen der Ausbildung mit den Wissenschaftsmethoden der genannten Arbeitsfelder in Berührung kommen. Dazu ist es notwendig, dass an den Universitäten an sozialpharmazeutischen Themen geforscht wird.
  • Die Pharmazie braucht eine bessere Anschlussfähigkeit und Zusammenarbeit auf Augenhöhe mit der Medizin. Dies gilt nicht nur für Fragen der Anwendung von Arzneimitteln, sondern auch für die Kommunikation mit Patient:innen, Ärzt:innen und anderen Dienstleister:innen und Vertreter:innen im Gesundheitswesen. Dazu müssen die oben genannten Themen bereits im Studium behandelt werden, wie es in der Medizin in den Fächern Sozialmedizin, medizinische Soziologie und an einzelnen Universitäten auch in weiteren Fächern geschieht. Werden Apotheker:innen nur naturwissenschaftlich ausgebildet, fehlen wesentliche Bausteine für eine erfolgreiche Kommunikation und Anschlussfähigkeit an Mediziner:innen und an andere Berufsgruppen im Gesundheitswesen (Gesundheitswissenschaften, Public Health).
  • Im Fach Sozialpharmazie können auch didaktische Fragestellungen des Pharmaziestudiums kritisch reflektiert werden, mit dem Ziel, den Nachwuchs besser auszubilden; und zwar in dem Sinne, ihm die Notwendigkeit einer wissenschaftlichen Reflexion des pharmazeutischen Handelns und der Bedeutung des Einsatzes von Arzneimitteln zu verdeutlichen. Das bisherige Studium ist zu sehr verschult und motiviert nur selten zur kritischen Vertiefung von sozialpharmazeutischen Fragestellungen. Das hat zur Folge, dass das Studium oftmals als demotivierende Lebens- und Lernzeit erfahren wird und in Erinnerung bleibt. Die persönliche Entfaltung hin zu einer reflektierten pharmazeutischen Persönlichkeit wird im Pharmaziestudium eher be- oder gar verhindert. International ist das anders, indem man sich auf den internationalen Social Pharmacy Workshops – und nicht nur dort – mit didaktischen Fragestellungen auseinandersetzt.
  • Der Nachwuchs muss mit Themen wie Public Health, Ethik im Gesundheitswesen, Determinanten von Gesundheit, Gesundheitsförderung, Patientensicherheit und weiteren modernen Fragestellungen konfrontiert werden. Wollen Apotheker:innen bei der Weiterentwicklung des Gesundheitswesens als eine wichtige Stimme wahrgenommen werden, müssen sie die Positionen anderer Player im Gesundheitswesen kennen, nachvollziehen und aufgreifen können. Sie müssen vor allem wissen und verstehen, was Gesundheit und Krankheit beeinflusst, welche Modelle der Gesundheitserhaltung und Krankheitsbewältigung bestehen, wie einzelne Gesundheitssysteme funktionieren, wie Interessen wahrgenommen werden, wie Risikokommunikation erfolgreich gestaltet werden kann und vieles mehr.

Junge Menschen ergreifen das Pharmaziestudium, da sie sich beruflich mit naturwissenschaftlichen Inhalten beschäftigen möchten, gleichzeitig aber auch die Anwendung von Arzneimitteln als wesentliches therapeutisches (und zum Teil präventives) Hilfsmittel an Patient:innen vor Augen haben. Auf die Aufnahme eines rein naturwissenschaftlichen Studiums (z. B. Chemie oder Physik) verzichten sie bewusst, weil meist der Wunsch besteht, im Berufsleben mit Menschen in Kommunikation zu treten und für ihre Gesundheit zu arbeiten. Um dies erfolgreich zu tun und im pharmazeutischen Berufsfeld langfristig die erwartete berufliche Befriedigung zu finden, müssen sie sich im Studium mit den wesentlichen Fragestellungen von Gesundheit, Prävention und Versorgung auseinandersetzen können sowie im beruflichen Alltag von den Forschungsergebnissen der Sozialpharmazie profitieren. Die Einführung neuer pharmazeutischer Dienstleistungen und die erfolgreiche Einbindung in zukünftige multidisziplinäre Netzwerke erfordert die Kenntnis und Umsetzungsfähigkeiten sozialpharmazeutischer Erkenntnisse.

 

 

Vorstand des VdPP

 

im Mai 2022

http://www.vdpp.de

TERMINE

 

07. Oktober, online

Pharmacists for Future (Ph4F) 

 

18. November, online

VdPP-Vorstandssitzung 

 

04. November, online

Pharmacists for Future (Ph4F) 

 

 

25. November, online

VdPP-BPhD-Seminarreihe zu "Pharmazie und Planetary Health"

 

02. Dezember, online

Pharmacists for Future (Ph4F)

 

02. Dezember, online

VdPP-BPhD-Seminarreihe zu "Pharmazie und Planetary Health"

 

09. Dezember, online

VdPP-BPhD-Seminarreihe zu "Pharmazie und Planetary Health"

 

16. Dezember, online

VdPP-BPhD-Seminarreihe zu "Pharmazie und Planetary Health"