22.12.2016
VdPP begrüßt Gesetzesinitiative für Begrenzung des Versandhandels mit Arzneimitteln
Bundesminister Hermann Gröhe zieht den einzig richtigen Schluss aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Der EuGH hat einen wirtschaftsliberalen Kurs eingeschlagen, der Handelsbelange klar über Gesundheitsbelange stellt. Nur der Bundesgesetzgeber kann hier eine angemessene Prioritätensetzung wiederherstellen und muss klarmachen: Die gute und wohnortnahe Arzneimittelversorgung muss an erster Stelle stehen.
Der EuGH konterkariert jeden gesundheitspolitischen Gestaltungsanspruch. Der Marktzugang für ausländische Versandapotheken soll gemäß EuGH gerade deshalb über den Preiskampf gewährleistet werden, weil sie nicht an der Notfall- und Akutversorgung teilnehmen und Präsenzapotheken besser beraten können. Dieses neoliberale Politikverständnis steht im Widerspruch zu früherer EuGH-Rechtsprechung. Die Auswirkungen müssen unbedingt auf nationaler Ebene revidiert werden. Freihandel muss sich an den Auswirkungen auf die Gesundheit der Bevölkerung bemessen. Nicht umgekehrt!
Die erhofften Rabatte für die Patientinnen und Patienten werden wohl mittelfristig entfallen oder sich stark reduzieren. Das SGB V ist durchgehend so ausgestaltet, dass Rabatte gerade nicht weitergegeben werden, sondern den Krankenkassen als Kostenträger zustehen. Direkt nach dem Urteil haben verschiedene Kassen bereits Anspruch darauf erhoben und Selektivverträge mit ausländischen Versandapotheken angekündigt. Patientinnen und Patienten werden höchstens einen kleineren Teil des Rabattkuchens abbekommen – vorausgesetzt sie gehen zu der von der Krankenkasse ausgewählten (Versand-) Apotheke. Somit wird die freie Apothekenwahl mittels Exklusivverträgen wieder einmal infrage gestellt. Selbst wenn finanzielle Vorteile für die Patientinnen und Patienten übrig bleiben, kann davon keine positive Steuerungswirkung erhofft werden. Gerade Geringverdienende werden so hin zum Versand und weg von einer guten Betreuung getrieben. Muss man sich eine gute Betreuung in der Apotheke künftig leisten können? Soll gerade das der Versorgung im ländlichen Raum förderlich sein?
Die nun legalen Rabatte für ausländische Versandapotheken sind nur ein weiterer Punkt, der für eine weitestgehende Begrenzung spricht. Denn der Versandhandel ist per se nicht in der Lage, eine gute Arzneimittelversorgung zu gewährleisten. Die proaktive Nachfrage ist für eine patientengerechte Beratung ebenso notwendig wie der persönliche Kontakt. Die zwischenmenschliche Kommunikation ist von entscheidender Bedeutung für die Behandlung. Der Behandlungserfolg fußt auf einem komplexen Geflecht, in dem Suggestionseffekte und Zuwendung eine große Rolle spielen. Empathie ist ein Schlüssel für eine gute Beratung, denn allein fachlich korrekte Angaben zu machen, hilft den wenigsten Patientinnen und Patienten. Sie müssen auch verstanden und von den Patientinnen und Patienten für sich angenommen werden. Auch in der notwendigen Akutversorgung, beim Nacht- und Notdienst und nicht zuletzt bei möglichen künftigen Aufgaben von Apotheken im Rahmen von Public Health-Netzwerken können Versandapotheken keine adäquate Rolle spielen. Nicht zuletzt deswegen ist es widersinnig, aufwändige Programme zur Förderung des ländlichen Raums durchzuführen und gleichzeitig Einrichtungen für eine lebenswerte Infrastruktur, zu der Apotheken sicher zählen, durch Fernabsatz zu gefährden und das ausgerechnet mit der ländlichen Versorgung zu begründen.
Das Verbot des Versandhandels mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln ist sicher nicht die einzig denkbare Reaktion auf das EuGH-Urteil. Auch neue Vergütungsmodelle für die Beratung oder ein Rabattverbot im SGB V haben ihre Vorteile. Aus diesen Gründen lehnt der VdPP seit Jahren den Versandhandel ab. Den RX-Versandhandel zu verbieten, wäre die einzig richtige Entscheidung.
Florian Schulze
VdPP Vorstand
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