Brauchen wir einen Fachapotheker für Public Health?

Januar 2010

von Udo Puteanus

 

Brauchen wir einen Fachapotheker für Public Health? Diese Frage wurde auf der letzten Mitgliederversammlung des VDPP angesprochen, konnte aber aus Zeitgründen nicht näher diskutiert werden. Auf dem Deutschen Apothekertag 2009 wurde ein Antrag dazu in die Ausschüsse verwiesen. Im Folgenden soll zunächst ein kurzer Abriss über Public Health erfolgen, um deutlich zu machen, wie wichtig es ist, die Apotheken so gut wie möglich in Public-Health-Netzwerken zu verankern. Im Anschluss folgt ein Plädoyer dafür, Apothekerinnen und Apotheker stärker als bisher zu befähigen, in diesen Netzwerken mitzuarbeiten.

 

 

Public Health

 

Public Health ist die Wissenschaft und Praxis der Gesundheit, bezogen auf die gesamte Bevölkerung bzw. auf relevante Subpopulationen. Die wissenschaftliche Fachgesellschaft, die Deutsche Gesellschaft für Public Health (DGPH), definiert den Begriff folgendermaßen: „Public Health ist ein problembezogen und interdisziplinär arbeitendes gesundheitswissenschaftliches Fachgebiet. Sein Erkenntnisinteresse richtet sich auf den Gesundheitszustand der Bevölkerung, auf den Zustand des Gesundheitswesens und die für seine Weiterentwicklung relevanten Rahmenbedingungen und Akteure. Public Health ist die Wissenschaft und Praxis der Gesundheitsförderung und der Systemgestaltung im Gesundheitswesen“. Zentrales Anliegen von Public Health ist es, Erkenntnisse aus einzelnen forschenden Gesundheitsdisziplinen zusammenzuführen und gemeinsame Fragen und Lösungen zu erarbeiten. Die Zusammenarbeit der einzelnen Disziplinen und die Integration von medizinisch-naturwissenschaftlichen und sozial-verhaltenswissenschaftlichen Ansätzen sind wichtige Ziele. Public Health negiert dabei nicht die individuellen Probleme oder Vorlieben einzelner Menschen. Die Bedürfnisse möglichst aller Menschen innerhalb einer Bevölkerungsgruppe sollen berücksichtigt werden.

 

 

Historische Wurzeln des Begriffs Public Health

 

Der Begriff „Public Health“ stammt aus der angelsächsischen Tradition. Vor 1933 standen die deutschen Vertreter der Gesundheitswissenschaften noch an der Spitze der gesundheitswissenschaftlichen Forschung und Praxis. Die damals hauptsächlich der Sozialmedizin entstammenden Konzepte zur Lösung gesundheitlicher Probleme der Bevölkerung und der Aufbau der „öffentlichen Gesundheitspflege“, vor allem in den großen Ballungsräumen, waren im internationalen Vergleich sehr weit entwickelt, wurden aber unter der nationalsozialistischen Herrschaft durch die rassenhygienischen Grundsätze pervertiert. In dieser Zeit verlor das Deutsche Reich den Anschluss an die internationale Entwicklung. Die namhaftesten Vertreter der ehemaligen Sozialmedizin und Gesundheitspflege hatten während der Nazi-Diktatur das Deutsche Reich verlassen oder wurden umgebracht. Von diesem Verlust erholte sich die nach 1945 entstehende Bundesrepublik über Jahrzehnte nicht.

 

Nach Ende des Zweiten Weltkriegs bis in die achtziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts gelang es in der Bundesrepublik nicht, an die verschütteten Traditionen der Weimarer Republik anzuknüpfen. Während vor allem in den angelsächsischen und nordeuropäischen Staaten kontinuierlich die Wissenschaft und Praxis von Public Health weiterentwickelt wurde – in diesem Zusammenhang wurde in vielen Staaten auch die Sozialpharmazie zu einem universitären Forschungs- und Lehrfach –, setzte man in der Bundesrepublik fast ausschließlich auf die Individualmedizin. Erst seit Mitte der achtziger Jahre konnten Universitäten und später Fachhochschulen gesundheitswissenschaftliche Einrichtungen aufbauen und Public-Health-(Aufbau-)Studiengänge einrichten. Seitdem bemühen sich die deutschen Gesundheitswissenschaften/Public Health um den Anschluss an die internationale Forschungsentwicklung.

 

Auf den Stand der Gesundheitswissenschaften/Public Health in der ehemaligen DDR soll an dieser Stelle nicht eingegangen werden, da dies sicherlich ein eigenes lohnendes Kapitel wäre. Aber die dort vorhandenen Strukturen wurden nach Anschluss der DDR an die Bundesrepublik fast vollständig aufgegeben.

 

 

Warum sich mit dem Thema Public Health beschäftigen?

 

Verändertes Krankheitenspektrum:

Standen im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts noch die infektionsbedingten Erkrankungen im Vordergrund, so konnten diese Probleme durch verbesserte hygienische Maßnahmen nach den beiden Weltkriegen und durch die Einführung der Antiinfektiva (z. B. Antibiotika) ins Arsenal der medizinischen therapeutischen Möglichkeiten zurückgedrängt werden. Insgesamt konnte die Lebenserwartung der Bevölkerung beachtlich gesteigert werden, wobei im Wesentlichen die verbesserten Arbeits- und Lebensbedingungen der Bevölkerung dazu beigetragen haben.

 

Zwischen 10 bis 40 % der verlängerten Lebenserwartung geht auf das Konto verbesserter medizinischer Interventionen, der übrige Anteil konnte durch verbesserte Lebensbedingungen und Lebensstile erreicht werden. Die Breite der Spanne resultiert aus verschiedenen Modellansätzen und aus unterschiedlichen methodischen Vorgehen und ist abhängig davon, ob der männliche oder weibliche Teil der Bevölkerung betrachtet wird (SVR 2002, Bd. 1, Ziff. 95).

 

Heute beherrschen chronische Erkrankungen die Debatte um die Möglichkeiten der Medizin und die Finanzierbarkeit des Gesundheitswesens. Diese Erkrankungen sind nach dem heutigen Stand des Wissens durch die somatisch orientierte Medizin allein nicht lösbar. Das heutige Krankheitenspektrum verlangt die Ergänzung der medizinisch-naturwissenschaftlichen Denkweisen durch u. a. psychologische, soziologische, ernährungswissenschaftliche, pflegewissenschaftliche und pädagogische Herangehensweisen. Vor allem bei der Betrachtung gesundheitlicher Ungleichheiten bei sozial unterschiedlichen Schichten der Bevölkerung wird deutlich, wie komplex die Zusammenhänge zwischen Gesundheitszustand und Lebensbedingungen der Menschen sind. Fast alle Erkrankungen und Behinderungen – einschließlich der infektiösen – haben potenziell viele Ursachen, die ihre Entstehung bzw. Persistenz begünstigen. Verschiedenste Risikofaktoren aus den genannten Bereichen wurden inzwischen identifiziert. Ihre Kenntnis ist wichtig, um die richtigen Präventionsstrategien anwenden zu können.

 

Weniger erforscht sind die Ressourcen, warum manche Menschen oder Subpopulationen trotz gleicher negativer Risikofaktoren in der Lage sind, gesünder zu bleiben oder gesund zu werden. Hier setzt die Forschung zur Salutogenese an. Sie steht zwar noch am Anfang, ihre ersten Erkenntnisse werden aber schon heute für Programme zur Gesundheitsförderung genutzt.

 

 

Effizienzfragen:

 

Die Herausforderungen der modernen Gesellschaft, die sich mit den Stichworten demographischer Wandel und Globalisierung des Wirtschafts- und Finanzwesens stichwortartig charakterisieren lassen, erfordern ein effizientes Gesundheitssystem, in dem die zur Verfügung stehenden knappen finanziellen Ressourcen optimal zur Bewältigung der gesundheitlichen Lasten in der Bevölkerung genutzt werden. Es muss herausgearbeitet werden, welche Erfolge sich mit welchen Methoden am ehesten erzielen lassen. Derzeit wird bspw. ein Großteil der finanziellen Ressourcen in die Behandlung erkrankter Menschen gesteckt. Dabei ist keinesfalls sicher, ob die Gelder nicht effizienter für die Gesundheit in der Bevölkerung eingesetzt wären, wenn sie entweder innerhalb des Versorgungssystems umgeschichtet würden oder Prävention und Gesundheitsförderung einen höheren Stellenwert erhielten.

 

Versorgungsforschung und Forschung zur Gesundheitsförderung und Prävention sowie die Gesundheitssystemforschung sind hier die Disziplinen, die sich innerhalb von Public Health mit solchen Effizienzfragen beschäftigen.

 

 

Gesellschaftliche Veränderungen:

 

Verschiedene gesellschaftliche Veränderungen haben Einfluss auf das Krankheitsgeschehen und die Gesundheitsressourcen der Gesellschaft. An dieser Stelle seien folgende beispielhaft genannt: Zunahme der Single-Haushalte und Verringerung familiärer Bande, Stärkung von Patientenrechten, Infragestellen paternalistischer Strukturen durch Bürgerrechts- und Selbsthilfebewegungen sowie andere emanzipatorische Ansätze, Langzeitarbeitslosigkeit, demographischer Wandel, erhöhte Bildungsanforderungen in der Arbeitswelt, Migrationsfragen, Auseinanderklaffen von Arm und Reich usw.. All diese Veränderungen bedingen neue Anforderungen an das Gesundheitswesen. Diese Veränderungen zu erkennen und deren Folgen für die Gesundheit der Bevölkerung zu analysieren, sind Aufgaben der Gesundheitswissenschaften/Public Health.

 

Die Epidemiologie als Wissenschaft, die sich mit den Ursachen und Folgen im Zusammenhang mit der Verbreitung von Erkrankungen in Populationen beschäftigt, blieb die Kerndisziplin von Public Health. Während in „Old Public Health“ die Hygiene, die Mikrobiologie und die Prävention als wissenschaftliche Forschungsfächer um die Epidemiologie herum im Vordergrund standen, treten in „New Public Health“ neue Fragen in den Vordergrund, die zu einer starken Ausdifferenzierung des wissenschaftlichen Forschungs- und Methodenspektrums geführt haben. Inzwischen ist zum einen die Gesundheitssystemforschung und innerhalb dieser die Versorgungsforschung zu einem zentralen Anliegen von Public Health geworden.

 

Daneben steht die Forschung zur Prävention und vor allem zur Gesundheitsförderung. Während sich die Prävention noch hauptsächlich am medizinisch-naturwissenschaftlichen Paradigma orientiert und erkannte Risikofaktoren in erster Linie einzeln bekämpft, stehen bei der Gesundheitsförderung sozial- und psychologische, pädagogische bzw. verhaltenwissenschaftliche Disziplinen im Vordergrund. Es geht dabei um folgende zentrale Frage: Wie organisieren wir möglichst schnell, möglichst flächendeckend und möglichst zeitstabil differenzierte Lernprozesse für unterschiedliche Bevölkerungsgruppen, damit Individuen, Institutionen und die Gesellschaft als Ganzes befähigt werden, sich mit einem Maximum an Prävention und einem Minimum an Diskriminierung auf das Leben mit den neuen gesundheitlichen Herausforderungen einstellen zu können und damit rational umgehen zu lernen (nach Rosenbrock 1998, erweitert)? Diese zentrale an der Ottawa-Charta der Weltgesundheitsorganisation zur Gesundheitsförderung (1986) angelehnte Frage zeigt die Zielrichtung, um die es Public Health im Bereich Gesundheitsförderung geht: um die Befähigung von Menschen und Populationen (Empowerment), um die Organisation von Lernprozessen, um die Teilnahmemöglichkeit an Entscheidungen zur Gesundheit im Einzelnen und darüber hinaus. Die seit Mitte der achtziger Jahre entwickelte und erfolgreich umgesetzte Anti-AIDS-Kampagne auf den verschiedensten Ebenen der Gesellschaft hat eindrucksvoll gezeigt, was mit Hilfe dieses Ansatzes in Ergänzung klassischer therapeutischer und präventiver Maßnahmen erreicht werden kann. Gleiches gilt für die unterschiedlichen erfolgreichen Ansätze zur betrieblichen Gesundheitsförderung.

 

In den USA und in Großbritannien werden Forschungsergebnisse stärker als in Deutschland direkt und erfolgreich in politische Maßnahmen umgesetzt. Insofern wird in „New Public Health“ auch verstärkt gefragt, wie lassen sich Public-Health-Forschungsergebnisse in erfolgreiche Politikberatung umsetzen. In diesem Zusammenhang spielen Gesundheitsberichterstattung und Gesundheitsplanung/Gesundheitsziele eine entscheidende Rolle, denn sie können eine wesentliche Grundlage für politische Entscheidungen sein.

 

 

Public Health als Öffentliche Gesundheit

 

Damit ist der praktische Teil von Public Health angesprochen. Das soll nicht heißen, dass die Trennung von Wissenschaftlichkeit und Praxis von Public Health das Wort geredet werden soll. Ganz im Gegenteil: Eine engere Zusammenarbeit der Wissenschaftler mit den Praktikern muss das Ziel sein, wie es bereits die Deutsche Gesellschaft für Public Health in ihrer Definition von Public Health postuliert hat und wie es in den angelsächsischen Ländern bereits stärker umgesetzt wurde.

 

Public-Health-Verantwortliche haben auf unterschiedlichsten Ebenen die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen des Gesundheitswesens sicherzustellen. Die Verantwortlichkeit ergibt sich dabei insbesondere aus der Übertragung von öffentlichen Aufgaben. So haben bspw. Regierungen und Ministerien die Verantwortung, gesetzliche Regelungen zu schaffen und ggf. an die Veränderungen anzupassen, um ausreichend finanzielle Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Oder sie haben dafür Sorge zu tragen, dass in außergewöhnlichen Fällen wie bspw. einer Pandemie oder bei Großschadensfällen ausreichend Ressourcen zur Versorgung der betroffenen Bevölkerung zur Verfügung stehen.

 

Krankenkassen sind als Körperschaften öffentlichen Rechts beauftragt, Beiträge ihrer Mitglieder sachgerecht und neuerdings wettbewerbsorientiert in die einzelnen Versorgungsbereiche fließen zu lassen, wobei neue Versorgungsformen den Kassen verstärkt die Möglichkeit eröffnen, selbst steuernd in das Versorgungsgeschehen einzugreifen. Ob dabei gewährleistet bleibt, dass die Krankenkassen ihren öffentlichen Auftrag im Rahmen der solidarischen Gesetzlichen Krankenversicherung einhalten (können), ist eine ganz wichtige Frage.

 

Der Sicherstellungsauftrag der ambulanten ärztlichen Versorgung ist den Kassenärztlichen Vereinigungen – ebenfalls als Körperschaften öffentlichen Rechts – übertragen worden, wobei inzwischen durch Öffnungsklauseln einzelne Modellprojekte von diesem Prinzip abweichen.

 

Den Apotheken obliegt die im öffentlichen Interesse gebotene ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung der Bevölkerung, so heißt es im § 1 des Apothekengesetzes.

 

Also auch hier ein öffentlicher Auftrag für die Apotheken. Über gesetzliche oder vertragliche Regelungen sollen so unterschiedliche Versorgungsbereiche im Sinne von Public Health gesteuert und abgesichert werden.

 

Neben der Versorgung erkrankter Menschen sind Public-Health-Verantwortliche für den Erhalt und die Förderung von Gesundheit eines möglichst großen Teils der Bevölkerung zuständig (Prävention und Gesundheitsförderung); dies schon aus Gründen der Glaubwürdigkeit der Verantwortlichen und deren Legitimation als Führungskraft im Gesundheitswesen, aber auch, um die Konkurrenzfähigkeit von Kommunen, Bundesländern, Staaten oder Staatenverbünden zu erhalten und zu stärken. Als Präventionsstrategien werden unterschiedliche Maßnahmen umgesetzt.

 

Dazu gehören bspw. Prävention durch Impfkampagnen, Anti-Raucherkampagnen, Förderung von Sport- und Fitnessbewegungen, Screening-Pro-gramme zur Ermittlung von Risikofaktoren oder Hygienemaßnahmen zur Abwehr von Infektionen. Dazu gehört aber auch der Aufbau oder die Förderung von Einrichtungen zur Aufklärung der Bevölkerung wie z. B. die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) oder individuelle Patientenberatungsstellen.

 

Solche Einrichtungen spielen für die Gesundheitsförderung eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, die Bevölkerung ausreichend mit Informationen zu versorgen. Denn damit wird den Menschen die Möglichkeit gegeben, die für sie und ihre jeweilige Situation brauchbaren Strategien zur Gesunderhaltung zu entwickeln. Damit sie diese Informationen aber auch nutzen und anwenden können, reicht ein Informationsangebot allein nicht aus. Es müssen auch die Voraussetzungen geschaffen werden, damit die Menschen befähigt werden, diese Informationen abzurufen, zu verstehen und in ihrer jeweiligen Lebenssituation umzusetzen und das neu erlernte gesundheitsförderliche Verhalten möglichst auch beizubehalten. Um ein Ziel zu erreichen, müssen daher die jeweiligen Lebensverhältnisse und Lebensweisen berücksichtigt werden.

 

Oftmals werden Veränderungen nur zu erzielen sein, wenn die Verhältnisse, in denen die Menschen leben, verändert werden, um die notwendigen Lernprozesse in Gang zu setzen und zu verstetigen. Programme zur Gesundheitsförderung in Betrieben, Schulen und Stadteilen greifen diese Strategien auf. Durch die Verankerung der Programme in den Lebenswelten der Betroffenen, also in den Settings Schule, Betrieb, Kindertagesstätte usw., gelingt es nach den heutigen Erkenntnissen zur Gesundheitsförderung am ehesten, die gewünschten Veränderungen in Gang zu bringen und nachhaltig wirksam werden zu lassen.

 

Gesundheitsschutz: Zum Bereich Public Health gehören aber auch alle Maßnahmen, die zum Schutz der Bevölkerung notwendig sind und die durch Prävention und Gesundheitsförderung sowie durch Maßnahmen der Versorgung Erkrankter nicht erzielt werden können. Dazu gehören zunächst alle Einrichtungen und Maßnahmen der Überwachung von gesundheitsbezogenen Angeboten.

 

Zum Gesundheitsschutz werden aber auch alle Surveillance-Systeme gezählt, die die Gesundheit der Bevölkerung überwachen. Hier sind hinzuzurechnen die Beobachtung des Infektionsgeschehens durch das zentrale Robert-Koch-Institut in Berlin (RKI) oder einzelner Bundesländer (z. B. Landesinstitut für Gesundheit und Arbeit (LIGA.NRW) in Nordrhein-Westfalen), die Beobachtung und Analyse von Krebserkrankungen (Krebsregister), Giftinformationszentralen der Länder oder auch der Bereich der Pharmakovigilanz im BfArM.

 

Gesundheitsberichterstattung und Gesundheitsplanung: Die genannten Einrichtungen der Versorgung, der Prävention und Gesundheitsförderung und vor allem des Gesundheitsschutzes bieten wichtige Informationen für eine kontinuierliche Gesundheitsberichterstattung. Diese ist notwendig, um Veränderungen zu erkennen und ggf. darauf zu reagieren. Auf der Bundesebene arbeiten die zentralen Bundeseinrichtungen wie z. B. RKI, Statistisches Bundesamt und andere an der Erstellung von Übersichtsberichten oder von Berichten zu einzelnen Fragestellungen. Auch die Bundesländer erstellen Berichte für ihre Zwecke. Nicht zu vernachlässigen sind die Gesundheitsberichte der Landkreise und kreisfreien Städte. Auf deren Grundlage lassen sich durch örtliche Netzwerke spezielle Situationen in einzelnen Regionen oder Stadtteilen erkennen. So können bspw. durch Befragungen von Bewohnern bestimmter Stadtteile in Kombination mit Erfahrungen aus Hausarztpraxen, Beratungs- und Überwachungseinrichtungen oder auch Apotheken Gesundheitsprobleme erkannt werden. Solche Erfahrungen, Beobachtungen oder Ergebnisse aus Befragungen können in Gesundheitsberichte einfließen. Sie bieten die Grundlage einer Planung oder von Abstimmungen für das örtliche oder regionale Gesundheitswesen (Gesundheitsplanung, Gesundheitsziele) sowie für die Weiterleitung erkannter Risiken oder Probleme an zuständige überörtliche Stellen und Einrichtungen wie das RKI oder an gesundheitspolitische Einrichtungen. Aufgrund der gewonnenen Erkenntnisse können von dort Maßnahmen entwickelt und entweder allein oder in Kooperation mit anderen Beteiligten umgesetzt werden. Um die ergriffenen Maßnahmen ständig zu verbessern, ist ihre Evaluation notwendig und anzustreben. Damit lässt sich erkennen, welche weiteren Verbesserungen notwendig sind, um erfolgreich zu sein.

 

Lokale Public-Health-Netzwerke: Um den Kreislauf von Gesundheitsberichterstattung, Gesundheitsplanung, Umsetzung und Evaluation sowie erneuter Gesundheitsberichterstattung aufrecht zu erhalten, hat sich der Aufbau fester Strukturen bewährt. Auf der kommunalen Ebene haben oftmals die Gesundheitsämter die Funktion übernommen, lokale Netzwerke zu managen und den notwendigen Informationsfluss aufrecht zu erhalten. In Nordrhein-Westfalen koordinieren bspw. die Gesundheitsämter die im Gesetz über den Öffentlichen Gesundheitsdienst verankerten kommunalen Gesundheitskonferenzen, in denen alle Akteure des Gesundheitswesens, wie Ärzte, Apotheker, Beratungsstellen, Selbsthilfe, Kostenträger, zum Teil engagierte Bürger usw., Mitglied sind und sich im Konsens bemühen, Public Health in der Kommune weiter zu entwickeln.

 

Anhand der genannten Beispiele von Public Health auf der praktischen Ebene wird schon erkennbar, welche Vorteile eine gesundheitswissenschaftliche Begleitung all dieser Aktivitäten bringt. Denn erst die wissenschaftlich fundierte Analyse der erfolgten Maßnahmen oder Beobachtungsstrategien ergibt überzeugende Argumente und stärkt die Motivation für die Beteiligten, um Public-Health-Aktivitäten ständig weiterzuentwickeln.

 

 

Apotheken und Public Health

 

Wie bereits weiter oben ausgeführt sind Apotheken Teil des Öffentlichen Gesundheitswesens, von Public Health. Sie haben den öffentlichen Auftrag der ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung. Ihr Tätigkeitsgebiet wird gesetzlich reguliert.

 

Apotheken können ihre Funktion eines Sachwalters der ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung dann stärken, wenn sie diese Funktion glaubwürdig nachweisen können. Dazu reicht es nicht mehr aus, die Funktion rechtlich abzusichern, sie muss für alle Menschen, vor allem aber für Entscheidungsträger erlebbar sein. Aber auch das wird auf Dauer und vor dem Hintergrund der zukünftigen gesundheitlichen Probleme der Bevölkerung sowie der finanziellen Engpässe der Krankenversicherung nicht reichen. Es wird notwendig sein, die Leistungen der Apotheken mit Methoden der Gesundheitswissenschaften, hier insbesondere der Versorgungsforschung, zu evaluieren und im Vergleich zu Leistungen anderer Anbieter zu bewerten. Vor dieser Abwägung brauchen sich die Apotheken aber dann nicht zu fürchten, wenn sie die bereits heute festgeschriebenen Anforderungen von pharmazeutischer Wissenschaft und Technik erfüllen, diese nachweisen und glaubwürdig transportieren.

 

Neben der ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung als übergeordnetes Stichwort sei an dieser Stelle an den Bereich der Pharmakovigilanz erinnert. Neben den Ärzten sind die Apotheken diejenigen Einrichtungen von Public Health, die als erste gesundheitliche Risiken durch Arzneimittel erkennen können. Damit haben sie im Pharmakovigilanzsystem eine ganz entscheidende Stellung und Bedeutung für die Öffentliche Gesundheit, denn sie können über den Einzelfall hinaus im Sinne von Public Health zur Arzneimittelsicherheit beitragen. Sie greifen somit Informationen aus der Bevölkerung auf, um sie zum Nutzen von Public Health an die dafür zuständigen Stellen weiterzuleiten. Damit sind sie Sensoren für möglich Public Health relevante Probleme.

 

Noch zentraler ist ihre Stellung im Bereich der Selbstmedikation. Hier haben Apotheken gegenüber Ärzten eine noch wichtigere Funktion für Public Health, die sie mit mehr Transparenz über dieses Marktsegment, mit mehr wissenschaftlicher Analyse der Daten und mit mehr Aufklärung in Richtung rationalem Arzneimittelkonsum ausfüllen könnten.

 

Apotheken können darüber hinaus ihre Position als Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitswesens weiter steigern, wenn sie ihr Potenzial als niedrigschwellige, flächendeckend verfügbare und mit einem hohen Vertrauen in der Bevölkerung ausgestattete Einrichtung erkennen und als Chance begreifen. Ziel von Public Health ist es, die Gesundheit der Bevölkerung zu stärken, Gefahren abzuwehren und Risiken zu vermeiden sowie die finanziell zur Verfügung stehenden Mittel optimal einzusetzen. Die Stärke von Public Health ist ihr berufs- und Institutionen übergreifender Ansatz. Dies konkretisiert sich bspw. in den praktischen Public-Health-Aktivitäten in den Kommunen, auf Landesebene und im Bund. In diese Netzwerke gilt es, die Erfahrungen aus der Arzneimittelversorgung der Bevölkerung vor Ort einzubringen, sowie Public-Health-Maßnahmen aus diesem Kreis hinaus in die Fläche zu tragen. Wenn es dann noch gelingt, die Gesundheitswissenschaften mit ins Boot zu holen und den Nutzen der erbrachten Leistungen für Public Health unabhängig von Apothekerinteressen wissenschaftlich zu beweisen, besteht kein Grund, sich um die Zukunft der Apotheken zu sorgen.

 

Außerdem sollten alle Möglichkeiten in den Ländern und Kommunen wahrgenommen werden, sich in vorhandene Public-Health-Netzwerke einzubringen (z. B. in kommunalen Gesundheitskonferenzen). Zu nennen sind an dieser Stelle auch Modelle der Integrierten Versorgung. Hier geht es ebenfalls um eine sektorenübergreifende Versorgung und eine stärkere Vernetzung von Fachdisziplinen, um die Versorgung von Patienten zu verbessern und möglichst dabei noch Kosten zu senken. Um hier die Apotheken als Ort der ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung und ihr Potenzial als Eintrittspforte zum Gesundheitswesen besser zu positionieren, sind Kenntnisse von Public Health wichtig und notwendig.

Solange in der Apothekerschaft keine speziell für diese Aufgabe vorbereiteten Apothekerinnen und Apotheker verfügbar sind, sollten die Apothekerkammern in Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen von Public Health versuchen, bereits in Netzwerken vertretene Apothekerinnen und Apotheker zu unterstützen und motivierend zu begleiten.

 

In Aus-, Fort- und Weiterbildung müssen verstärkt Public-Health-Aspekte angesprochen werden. Pharmazeuten sollten mehr als bisher wissenschaftliche Methoden der unterschiedlichen Gesundheitswissenschaften, speziell der Epidemiologie, der Sozialwissenschaften, der Versorgungsforschung und der Psychologie, kennenlernen. Dann gelingt es leichter, sich in Public-Health-Netzwerken zu etablieren und die Prozesse durch eigene Beiträge voranzubringen.

Zwei besonders auf dieses Ziel gerichtete Möglichkeiten der Weiterbildung existieren bereits heute: Zum einen die erst jüngst weiter ausgebaute Bereichsweiterbildung Prävention und Gesundheitsförderung einiger Apothekerkammern, zum anderen die an verschiedenen Universitäten und Fachhochschulen etablierten postgradualen Studiengänge Public Health.

 

Inzwischen gibt es eine Fülle unterschiedlicher universitärer Angebote und Angebote von Fachhochschulen. Teilweise sind sie eher medizinorientiert, andere Angebote, wie bspw. an der Universität Bielefeld, sind aus sozialwissenschaftlichen Einrichtungen hervorgegangen. Gemeinsam ist ihnen der interdisziplinäre Ansatz, wobei die Schwerpunkte der Ausbildung jedoch sehr unterschiedlich sein können. So werden entweder kommunikative oder soziologische, medizinische, ökonomische oder sozialpolitische Schwerpunkte gesetzt. Die angebotenen Studiengänge ändern sich zudem ständig, so dass eine aktuelle Übersicht schwer zu finden ist. In den neunziger Jahren, ihn denen der Aufbau der Studiengänge massiv gefördert worden war, konnte eine Stelle finanziert werden, die eine solche Übersicht aktuell halten konnte. Nach Auslaufen der Förderung ist man jedoch darauf angewiesen, selbst zu recherchieren.

 

 

Fachapotheker für Public Health oder Bereichsweiterbildung?

 

Sicherlich wäre es optimal, wenn diejenigen Kolleginnen und Kollegen, die ein Masterstudium im Bereich Public Health absolviert haben, auch diejenigen wären, die als Vertreter der örtlichen oder überörtlichen Apothekerschaft in den lokalen, regionalen und überregionalen Public-Health-Netzwerken mitarbeiten würden. Denn sie hätten das Rüstzeug, die Probleme aus der Perspektive ihrer Profession, aber eben auch aus der Perspektive anderer Professionen wahrzunehmen und beide Sichtweisen zu verknüpfen. Sie hätten die interdisziplinäre Herangehensweise während ihres Aufbaustudiums gelernt, sie hätten gelernt, warum andere Professionen andere Schwerpunkte haben und warum es wichtig ist, eine ganzheitliche Sichtweise zur Grundlage von Kompromissen zu machen.

 

Soweit bekannt, ist die Zahl der Public-Health-Absolventen aus der Apothekerschaft eher gering. Es wäre eine interessante Aufgabe, die Apothekerinnen und Apotheker aufzuspüren, die seit 1990 diesen Abschluss gemacht haben. Vor allem wäre die Antwort auf die Frage spannend, was der Abschluss für die Kolleginnen und Kollegen für Folgen hatte. Hat sich daraus eine neue Berufsperspektive entwickelt, konnte das Erlernte im bisherigen Berufsfeld nützlich sein, haben sich daraus andere, neue berufliche Möglichkeiten ergeben, hat sich dadurch das Verständnis für die Aufgabe der Apotheke als Teil des Öffentlichen Gesundheitswesens verändert? Antworten auf diese Fragen sind nicht dokumentiert.

 

Ein fundiertes Ergänzungsstudium zum Master of Public Health dauert mindestens zwei Jahre und erfordert neben finanziellem Engagement Disziplin und erheblichen Zeitaufwand. Es ist nicht einfach, dies in die übliche Berufs- und Familienplanung einzutakten. Umso mehr Hochachtung muss man vor den Kolleginnen und Kollegen haben, die diesen Aufwand auf sich genommen haben.

 

Darüber hinaus ist es für Apothekerinnen und Apotheker nicht einfach, sich auf Studiengänge einzulassen, in denen sie selbst als Einzelkämpfer/in auftreten. Wer während seines Studiums, während der Fortbildung und während der Weiterbildung stets und fast ausschließlich mit Pharmazeuten zu tun hat, für den ist möglicherweise der Umgang mit ganz anderen Professionen wenig attraktiv.

 

In der Weiterbildung für Apothekerinnen und Apotheker existierte seit Mitte der neunziger Jahre bis 2008 das Angebot der Bereichsweiterbildung „Prävention und Gesundheitsberatung“. Apothekerinnen und Apotheker konnten in diesem Bereich eine Zusatzqualifikation erwerben, ohne damit allerdings den Titel eines Fachapothekers zu erreichen. Nicht alle Landesapothekerkammern haben diese Bereichsweiterbildung angeboten.

 

Ende 2008 beschloss die Bundesapothekerkammer, die Bereichsweiterbildung auszuweiten, einige neue Aspekte hinzuzunehmen und als Bereichsweiterbildung „Prävention und Gesundheitsförderung“ zu bezeichnen (nachzulesen in PZ-Prisma 1/2009, S. 1-6).

 

Auf die Fragen, inwieweit andere Professionen und in welchem Ausmaß als Dozenten eingebunden waren, welche Projekte sich daraus ergaben, ob sich dadurch für die Kolleginnen und Kollegen eine veränderte Wahrnehmung der Probleme im Gesundheitswesen ergab und ob nachträgliche Treffen zum Austausch von Erfahrungen angeboten und angenommen wurden – auf diese Fragen liegen keine Antworten vor. Es lässt sich also gar nicht sagen, ob diese Bereichsweiterbildung tatsächlich dazu beigetragen hat, die Apotheken stärker als bisher in Public-Health-Netzwerke einzubinden.

 

Es ist zu vermuten, dass die bisherige Weiterbildungsmöglichkeit nicht zum erhofften Erfolg geführt hat. In Nordrhein-Westfalen wurden von beiden dort ansässigen Apothekerkammern Bereichsweiterbildungsseminare durchgeführt und mehrere hundert Apothekerinnen und Apotheker qualifiziert. Folgetreffen der Weitergebildeten fanden höchstens vereinzelt statt. Die lokalen Vertreter in den Kommunalen Gesundheitskonferenzen sind in der Regel die Vertrauensapotheker der Kammern, die aber nur selten an der Weiterbildung teilgenommen haben.

 

Es bleibt also als Fazit: Die derzeitige Qualifizierung der Apothekerinnen und Apotheker in der Bereichsweiterbildung reicht nicht aus, um die Potenziale der Apotheken für Public Health optimal zu nutzen.

 

Eine Weiterbildung zum Fachapotheker für Public Health, die eine fundierte Kenntnis von Public Health vermittelt und die Zusammenarbeit trainiert, könnte ein Ansatz sein, die Situation zu verbessern. Dies aber nur unter der Voraussetzung, dass die Weiterbildung ausreichend viele Public-Health-Elemente aufnimmt und somit das Verständnis für das Anliegen und die Arbeitsweise von Public Health ausreichend gefördert wird.

 

Die Weiterbildung zum Fachapotheker ermöglicht eher als ein Public-Health-Aufbaustudium die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und kann organisatorische Anforderungen und Personalplanungen in Apotheken besser berücksichtigen. Zudem wird die Schwelle zur Teilnahme für Apothekerinnen und Apotheker erniedrigt, indem sie in einer Weiterbildung als Pharmazeuten nicht als Einzelkämpfer auftreten müssten.

 

Damit Apotheken in möglichst naher Zukunft ausreichend qualifiziert in Public-Health-Netzwerken vertreten und erfolgreich mitarbeiten können, sollte der Weg über den Fachapotheker für Public Health diskutiert werden.

 

 

Weiterbildung zum Fachapotheker für Public Health

 

Die erweiterte Stundenzahl ermöglicht es, sich intensiver mit der Thematik zu beschäftigen als im Rahmen der Bereichsweiterbildung.

In der Weiterbildung sollten unterschiedliche Professionen als Dozenten oder Seminarleiter tätig werden und bei Projektarbeiten auf Interdisziplinarität Wert gelegt wird. Bislang werden in der Bereichsweiterbildung zwar auch schon Dozenten anderer Professionen eingesetzt, der Anteil der Apothekerinnen und Apotheker als Dozenten ist aber sehr hoch. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob nicht auch andere Professionen Interesse an einer Weiterbildung im Bereich Public Health entwickeln und insofern gemeinsame Module durchlaufen werden könnten.

 

Lehranteile von gesundheitswissenschaftlichen Institutionen und Institutionen des Öffentlichen Gesundheitsdienstes sollten fester Bestandteil der Weiterbildung sein. Akademien für öffentliches Gesundheitswesen sind hier bspw. Ansprechpartner.

 

Seminare an Hochschulen oder Fachhochschulen sollten den Weiterzubildenden bei bestimmten Themen offen stehen und im Rahmen der Weiterbildung anerkannt und gefordert werden.


Ebenfalls wichtig wäre die Mitarbeit in lokalen Public-Health-Netzwerken und eine sich daraus ergebende Projektarbeit.

 

Die Anzahl der Projektarbeiten sollte insgesamt erhöht werden, wobei möglichst viele Projekte auch interdisziplinär angelegt sein sollten. Dabei wäre es Aufgabe der Kammern, die nötigen Kontakte mit anderen Einrichtungen zu pflegen, um diese Projekte zu ermöglichen. Damit könnten die Weichen für eine leichtere Kommunikation mit anderen Berufsgruppen und Institutionen gestellt werden.

Der interdisziplinäre Effekt würde noch wesentlich stärker wirken, wenn die berufliche Tätigkeit der Weiterzubildenden in Teilen auch in Einrichtungen außerhalb der normalen Pharmazeutenwelt ermöglicht würde.

 

Als Weiterbildungsstätten wären bestimmte Apotheken auszuwählen, in denen eine Apothekerin oder ein Apotheker in Public-Health-Netzwerken aktiv ist. Nach einer Übergangszeit sollte dies auf Apotheken beschränkt sein, die einen Fachapotheker für Public Health beschäftigen und in Netzwerken mitarbeiten. Für eine Übergangszeit müssten Lösungen gefunden werden, welche Apotheken als Weiterbildungsstätte fungieren können und welche Anforderungen sie in dieser Zeit und darüber hinaus zu erfüllen haben. Damit wüchsen im Laufe der Zeit Kristallisationspunkte für eine professionelle Public-Health-Netzwerkarbeit im Apothekenwesen heran.

 

Sofern andere Public-Health-Einrich-tungen Apothekerinnen und Apotheker beschäftigen, sollten Lösungen gefunden werden, wie diesen Kolleginnen ebenfalls eine Weiterbildung ermöglich wird.

Mit der Schaffung eines Fachapothekers für Public Health könnte die Apothekerschaft dokumentieren, dass sie ernsthaft bemüht ist, dieses Feld mit qualifizierten Pharmazeuten besetzen zu wollen.

 

 

Mögliche Nachteile

 

Natürlich muss man sich auch mit den Nachteilen eines Fachapothekers für Public Health auseinandersetzen:

 

Eine mit einem Studium im Bereich Gesundheitswissenschaften erreichbare Tiefe des Wissens und Verständnisses wird mit der Weiterbildung zum Fachapotheker wahrscheinlich nicht erreicht. Auch müssen bei der Interdisziplinarität Abstriche in Kauf genommen werden, da die Zusammenarbeit mit anderen Professionen nicht in dem Maße ermöglicht würde wie bei den universitären Aufbaustudiengängen.

Als Nachteil ist sicherlich auch die fehlende Anbindung an die Forschung zu nennen. Für besonders interessierte Apothekerinnen und Apotheker, die nach erfolgter Weiterbildung im Bereich Public Health in der Forschung und Lehre tätig sein wollen, ist der Fachapotheker wenig hilfreich.

 

Hinzu kommt, dass die Gesundheitswissenschaften eher den Bereich Apotheke als Forschungsfeld wahrnehmen werden, je mehr Nachwuchswissenschaftlerinnen und ‑wissenschaftler in ihren Einrichtungen heranwachsen und die Arbeit im Forschungsfeld übernehmen.

 

Insgesamt ermöglicht die Weiterbildung zum Fachapotheker für Public Health aber den Einstieg in eine bessere Qualifizierung in einem Bereich, der für die Apotheke der Zukunft und für den Erfolg von Public-Health-Netzwerken im Bereich Gesundheitsförderung und bei der integrierten Versorgung wichtig ist. Es wäre ein Signal der Apothekerschaft, dieses Thema aufzugreifen und sich darin verstärkt zu engagieren.

 

Für den öffentlichen Gesundheitsdienst als ein wichtiger Koordinator von lokalen und überregionalen Public-Health-Netzwerken entstünde mit den Public-Health-Apothekerinnen und -apothekern eine zusätzliche Möglichkeit, ihre Maßnahmen, Projekte und Aktionen über Apotheken als Multiplikatoren in die Fläche zu tragen, sowie über Apotheken als Sensoren zu nutzen und zu evaluieren, ob die Maßnahmen erfolgreich sind, an welcher Stelle nachgebessert werden muss und wo weitere Lösungen notwendig sind.

 

 

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