Deutsche Arzneimittel in der Dritten Welt
Von sinnvoll bis gefährlich
Frühjahr 2001
von Udo Ament
Mittlerweile zum vierten Mal seit 1984 haben MitarbeiterInnen der BUKO Pharma-Kampagne das Arzneimittelangebot deutscher Pharmafirmen in der Dritten Welt durchforstet und nach anerkannten pharmakologischen Kriterien bewertet. In den beiden nun vorliegenden Broschüren stellt die BUKO Pharma-Kampagne die Ergebnisse der neuesten Studie vor und erläutert sie. Dabei gibt es eine gute und eine schlechte Nachricht zu vermelden.
Zuerst die gute: Erstmalig seit Beginn der Untersuchungen sind die als rational bewerteten Arzneimittel in der Überzahl. Waren es 1984/85 klägliche 33 %, 1988 kaum mehr (39 %) und auch 1991/92 nur 47 %, so konnten nach den neuesten Daten nun schon 58 % in die Kategorie "rationale Arzneimittel" eingestuft werden. Auch der Anteil der unentbehrlichen Arzneimittel nach der WHO-Liste ist seit 1984/85 stetig angestiegen: von 11 % auf nunmehr 20 %. Dem erfreulichen Ergebnis haben die Herausgeber Rechnung getragen. Der traditionelle Titel "Zweite Wahl für die Dritte Welt", unter dem die zurück liegenden Studien veröffentlicht worden waren, wurde aufgegeben und durch das nüchterne "Von sinnvoll bis gefährlich" ersetzt - ein Titel, der die vorgefundene Situation auf einen Nenner bringt.
Damit kommen wir zur zweiten Nachricht, der schlechten. Noch immer geht das Arzneimittelangebot in der Dritten Welt weitgehend an tatsächlichen Bedarf vorbei, denn es orientiert sich am Arzneimittelbedarf der Menschen in der westlichen Welt mit ihren Überfluss-Krankheiten, Noch immer tut die Pharmaindustrie erbärmlich wenig, um den Ländern der Dritten Welt im Kampf gegen die Geißeln AIDS und Malaria zu helfen. Noch immer beträgt der Anteil der irrationalen Arzneimittel am Gesamtangebot 42%, und angesichts der massiven strukturellen, sozialen und ökonomischen Probleme, mit denen die Dritte Welt belastet ist, sind diese 42 % überflüssig wie ein Kropf. Das neue "Handbuch Medikamente" der Stiftung Warentest kommt für den deutschen Inlandsmarkt auf 25 % ungeeignete Arzneimittel. Also doch "Zweite Wahl für die Dritte Welt".
Mit dem Absinken des Anteils irrationaler Arzneimittel am Angebot deutscher Firmen in der Dritten Welt auf unter 50 % ist ein Meilenstein erreicht, ein Etappenziel, mehr aber nicht. Der Weg zu einer optimalen Arzneimittelversorgung für die Menschen in der Dritten Welt bleibt sehr, sehr lang. "Von sinnvoll bis gefährlich" der erste Teil der Dokumentation, umfasst 4 Kapitel und bietet einen Einstieg in die Public-Health-Situation in der Dritten Welt unter besonderer Berücksichtigung von Malaria und AIDS. Einige krasse, erschütternde Beispiele zeigen, wie wenig die westliche Pharmaindustrie an den Menschen in der Dritten Welt in Wahrheit interessiert ist. Shareholder value genießt Vorrang vor Menschenleben, sonst wären die Medikamente gegen AIDS nicht so über alle Maßen teuer.
Dann werden die Studienergebnisse vorgestellt - in der für die BUKO Pharma-Kampagne typischen Weise: jede Menge aussagekräftige Grafiken, übersichtliches Layout, keine Gimmicks, kein Wort zu viel, aber auch keines zu wenig. Die Broschüre bietet eine Fülle von Informationen in leicht verständlicher und leicht auffindbarer Form für nur 7 Mark, wer mitreden will, sollte diese Broschüre haben. Der zweite Band "Daten und Fakten" richtet sich an jene, die "Von sinnvoll bis gefährlich" gelesen haben und nun alles ganz genau wissen wollen - wie das Arzneimittel angebet deutscher Firmen in der Dritten Welt tatsächlich aussieht, das Studiendesign, die Methodik, die Bewertungskriterien, Fakten über Fakten. Nach der Lektüre der 56 Seiten bleibt keine, aber auch keine Frage offen. Besonders beeindruckt, mit was für einem Datenwust die Mitarbeiterinnen der BUKO Pharma-Kampagne es bei ihren Recherchen zu tun bekommen haben, was für eine Sisyphus-Arbeit es gewesen sein muss, Ordnung in diesen Dschungel zu bekommen und wie meisterhaft sie das Problem gelöst, haben.
Herausgeber: BUKO Pharma-Kampagne, Bielefeld
Band 1): "Von sinnvoll bis gefähr1ich" - ISBN 3-928879-20-0 - 17 Seiten
Band 2): "Daten und Fakten" - ISBN 3-928879-19-3 - 56 Seiten
Abgedruckt im Rundbrief 53
TERMINE
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