Neue Aufgaben für die Apothekerkammern?
Frühjahr 2004
von Katja Lorenz
Seit einiger Zeit brodelt die Gerüchteküche, dass die Kammern ihr Aufgabengebiet erweitern wollen oder müssen, um überleben zu können. Die Fachpresse berichtet von derartigen Diskussionen in den Delegiertenversammlungen.
Angeblich stellt Brüssel die Daseinsberechtigung des Kammerwesens in Frage. Versucht man, die Hintergründe zu erfahren, stößt man auf widersprüchliche Informationen. Der EU-Wettbewerbskommissar scheint die Kammern auflösen zu wollen. Seine EU-Kommission dagegen hat eine Dienstleistungsrichtlinie veröffentlicht, in der sie sich für den Erhalt ausspricht, gleichzeitig aber auch die grundlegende Modernisierung der Kammern im Hinblick auf eine "weiche" Vergemeinschaftung innerhalb der EU fordert (s. PZ 12/04).
Für die Apothekerkammer Niedersachsen wurde es inzwischen – und unabhängig von Europa – ernst. Durch die Verwaltungsreform werden die Regierungspräsidien des Landes aufgelöst. Diese waren bisher für die Überwachung der Apotheken verantwortlich. Die Aufgaben der Überwachung regelt jedes Land für sich. Sie umfassen nicht nur die Eröffnungs- und Regelbesichtigungen der Apotheken, sondern auch z. B. die Erteilung der Betriebserlaubnis.
Natürlich gibt es für all diese Entscheidungen Gesetze und Verordnungen mit Kommentaren. Aus meiner inzwischen halbjährigen Praxis bei einer solchen Behörde weiß ich, wie schwierig trotzdem die Entscheidung im Einzelfall sein kann. Wie gerecht und objektiv wird es da noch zugehen, wenn diese Entscheidungen Kollegen für Kollegen treffen sollen. (Ich meine das ganz unabhängig von dem Umstand, dass zumindest in Berlin anscheinend jede Apotheker/in mit jede/r anderen entweder verbandelt ist oder noch ein Hühnchen zu rupfen hat! Außerdem hackt eine Krähe der anderen kein Auge aus!)
Schon heute ist die Überwachung für die Behörde aus Zeit- und Personalgründen nur schwerpunktmäßig möglich. Wird sie zukünftig überhaupt noch "Überwachung" genannt werden können? Meiner Meinung nach wird das nicht zu leisten sein. Nicht dass ich in dem halben Jahr Behördenfan geworden wäre. Ich glaube, dass die Überwachung in staatliche Hände gehört, um Gefälligkeitsentscheidungen zu verhindern.
Als der VDPP von diesen Planungen erfuhr, wandte sich der Vorstand an die Präsidentin der Apothekerkammer Niedersachsen, siehe anhängender Brief.
Frau Linz scheint, nach dem Antwortschreiben zu urteilen, die Gefahren auch zu sehen. Allerdings gab es wohl keine Alternative mehr.
Den Ländern scheint es vorrangig um die Kostenfrage zu gehen.
Die ist aber völlig offen. Überwachung ist personalaufwendig. Von inhaltlichen Zweifeln einmal ganz abgesehen, wären die Landesregierungen sicher froh, wenn in den Zeiten von Haushaltssperren jemand anders Geld und Leute auftreiben müsste. Frau Bojunga, Präsidentin der Landesapothekerkammer Hessen und die dortige Delegiertenversammlung diskutierten das Thema schon heftig, um nicht von den Ereignissen überrollt zu werden.
Die Apothekerkammer Berlin, unter Präsident Bartetzko, will beobachten und abwarten, sieht keinerlei Notwendigkeit, in die Überwachung einzugreifen.
Es bleibt sicher spannend. Zu welcher Seite wird Brüssel neigen? Werden die Kammern daraus ableiten, dass sie sich durch die Übernahme anderer Aufgaben unentbehrlich machen müssen, koste es, was es wolle?
Wir sollten diese Entwicklung aufmerksam verfolgen. Es wirft kein gutes Licht auf uns, wenn wir uns durch Organisationsformen kontrollieren, deren demokratische Legitimierung teilweise angreifbar ist. Damit setzen sich die Apothekerinnen und Apotheker dem berechtigten Verdacht der Klüngelei aus ...
Abgedruckt im Rundbrief 59
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