Sozialpharmazie

Sommer 2000

von Udo Puteanus

 

Da ich annehme, dass die Umsetzung des gesetzlichen Auftrags in Nordrhein-Westfalen, Sozialpharmazie zu betreiben, auch die RundbriefleserInnen interessiert, hier eine kurze Übersicht über Projekte, die die Amtsapothekerinnen und Amtsapotheker durchgeführt haben bzw. derzeit noch durchführen:

 

Für die Amtsapothekerinnen und Amtsapotheker in NRW sind die Bestimmungen des Gesetzes für den Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGDG) von zentraler Bedeutung: Kernpunkt ist der § 20.2:


"Die untere Gesundheitsbehörde (Amtsapotheker) soll mit Unterstützung des Landesinstituts für den Öffentlichen Gesundheitsdienst anhand der ihr zur Verfügung stehenden Daten den Arzneimittelkonsum der Bevölkerung beobachten, dokumentieren, analysieren und bewerten. Sie kann dazu auch Erhebungen durchführen. Auf dieser Grundlage soll sie die Bevölkerung über einen verantwortlichen Arzneimittelkonsum aufklären, informieren und beraten sowie an der Bekämpfung des Drogen- und Arznei-Mittelmissbrauchs mitwirken".


Posterdemonstration über Projekte zur Sozialpharmazie

 

In einigen Kreisen und kreisfreien Städten sind Projekte zur Sozialpharmazie auf den Weg gebracht worden und zum Teil bereits abgeschlossen. Einige Amtsapothekerinnen und Amtsapotheker präsentierten ihre Ergebnisse oder Planungen auf Postern. Anlass war die Fortbildungsveranstaltung für Amtsapothekerinnen und Amtsapotheker im Juni 2000.

Der Amtsapotheker der Städte Wuppertal und Remscheid, Dr. Holger Goetzendorff, hatte die Kolleginnen zur gemeinsamen Herstellung der Poster im Vorfeld eingeladen und sich für ihre professionelle Gestaltung eingesetzt. Eine spezielle Veröffentlichung zur Posterdemonstration ist in Vorbereitung.

 

 

Drogenkreise: Poster des Amtsapothekers Bernhard Wandt (Stadt Leverkusen, Oberbergischer Kreis):

 

Im Oberbergischen Kreis haben neben dem Amtsapotheker Psychiater, Sozialarbeiter, Pflegedienste und die Apothekerschaft einen gemeinsamen Arbeitskreis gegründet. In vier jährlichen Sitzungen werden in einem konzertierten Herangehen an die Drogenproblematik Lösungen gesucht und Projekte im präventiven wie im kurativen Bereich besprochen und durchgeführt. Innovativ für den Kreis ist der Versuch, Fachexperten aus unterschiedlichen Bereichen zu einer kontinuierlichen Zusammenarbeit zusammenzubringen und damit aus den unterschiedlichen Herangehensweisen an die Probleme neue Sichtweisen kennen zu lernen und Verständnis zu entwickeln.

 

 

Chinesische Heilkräuter - Sozialpharmazie als Verbraucherschutz: Poster der Amtsapothekerin Dr. Ute Stapel (Stadt Hamm):

 

Dieses Projekt begann bereits im Jahre 1998 in Zusammenarbeit mit den Amtsapothekern Dr. Goetzendorff (Wuppertal/Remscheid) und Scharf (Düsseldorf). Ziel des Projektes war es:

  • Erkenntnisse über die Verbreitung dieser Mittel in der Krankheitsbekämpfung und -vorsorge zu sammeln,
  • Untersuchungen anzustellen, aus welchen Gründen das Interesse der Bevölkerung an chinesischen Heilkräutern zunimmt und
  • Möglichkeiten der Aufklärung und Information über die mit diesen Mitteln verbundenen Risiken aufzuzeigen. Insbesondere sollte und soll geprüft werden, ob die in den Verkehr gebrachten Drogen den Vorschriften des Arzneimittelgesetzes genügen.

Im Rahmen der Gefahrenabwehr und auch als Ergebnis des Projektes wurde mittlerweile im Interesse eines optimalen Verbraucherschutzes festgelegt, dass in Apotheken nur geprüfte und zertifizierte Heilkräuter abgegeben werden dürfen.

Schöne neue Welt durch Drogen? Chemische Grundlagen und Wirkungen, Dr. Ute Stapel (Stadt Hamm)

Basierend auf einem Programm der kanadischen Regierung "Drugs for Kids" wird zur Zeit eine Unterrichtseinheit in Verbindung mit Biologie (ggf. Chemie) zu o. a. Thema entwickelt, die die Amtsapothekerin auf Wunsch der Schule in Abstimmung mit den Lehrern durchführt.

Ziel ist es, Jugendliche zu erreichen und durch die Information über chemische Grundlagen und die Wirkungen der Drogen im Körper einer Verharmlosung moderner Drogen wie z. B. Ecstasy entgegenzuwirken. In Form von Fragebögen werden Ziel und Ergebnis der Information dokumentiert und ausgewertet. Das Projekt wird zur Zeit planerisch vorbereitet und soll im Herbst 2000 beginnen.

 

 

Schlankheitsmittel - Poster der Amtsapothekerin Dr. Siegrun auf dem Keller (Stadt Oberhausen, Stadt Mühlheim/Ruhr)

 

Der Graue Markt der Borderline-Produkte, darunter insbesondere die Schlankheitsmittel, gibt immer wieder Anlass zu Kritik und erfordert häufig amtliche Maßnahmen. Durch irreführende Werbung wird der Verbraucher getäuscht oder geprellt, im schlimmeren Fall sogar in seiner Gesundheit beeinträchtigt. Durch Pressearbeit werden die Bürgerinnen und Bürger auf die Gefahren hingewiesen und alternative Möglichkeiten durch gesunde Ernährung aufgezeigt. Mit Hilfe des Posters soll eine weitere Möglichkeit genutzt werden, die Bevölkerung zu erreichen. Dabei wird bewusst auf Text verzichtet und statt dessen versucht, mit Bildern die Aufmerksamkeit zu erregen. Das Poster eröffnet auch die Möglichkeit, dem Schlankheitswahn durch die Darstellung eines kleinen freundlichen Dicken etwas Positives entgegenzusetzen.

 

 

Gesunder Schlaf - Poster der Amtsapotheker Hans-Ulrich Thielmann (Stadt Solingen) und Dr. Holger Goetzendorff (Stadt Wuppertal, Stadt Remscheid)

 

Im Rahmen der Agenda 21 möchten sich die Städte Wuppertal, Remscheid und Solingen dem Thema "Schlafen" zuwenden. In Zusammenarbeit mit der Barmer Ersatzkasse und der Apothekerschaft sollen im Rahmen des Möglichen auch Verordnungsdaten und Absatzdaten von Schlafmitteln in die Überlegungen einbezogen werden. Fokussiert wird dabei aber nicht auf den Arzneimittel-Missbrauch, sondern auf die richtige Anwendung von Schlafmitteln und auf das Vermeiden von Schlafstörungen. Es sollen Handlungsempfehlungen sowie ein Flyer erstellt werden, um Aufklärung in der Bevölkerung zu betreiben. Die Amtsapotheker ihrerseits planen durch Interviews auf der Straße und in Einrichtungen der Altenhilfe Informationen über den Ist-Zustand und die durchgeführten therapeutischen Maßnahmen zu erhalten.

 

 

Amtsapotheker im Internet - Präsentation durch Joachim Grumblat (Kreis Euskirchen)

 

Im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit einer modernen Verwaltung hat der Amtsapotheker unter Nutzung der Möglichkeiten, die das Internet bietet, bei der Kreisverwaltung Euskirchen eine Homepage "Amtsapotheker" eingerichtet. Auf dieser Homepage soll sich der interessierte Bürger zunächst über die vielfältigen Aufgaben des Amtsapothekers, die Versorgung mit Arzneimitteln im Einzelhandel und in Heimen, den Apothekenbetrieb, die klinische Prüfung von Arzneimitteln und den Chemikalienhandel informieren können. Dabei wird versucht, diese Themen leicht verständlich darzustellen. Sofern sinnvoll können durch Verweis auf entsprechende Links zu diesen Themen weitere Informationen abgefragt werden. Bei den aktuellen Informationen werden in der Regel Artikel des BfArM, des BMG, des BgVV, der Apothekerkammer oder anderer Institutionen zu aktuellen Themen veröffentlicht. Im Monatsdurchschnitt werden derzeit ca. 180 Zugriffe auf die Homepage registriert.

 

 

Arzneimittelspenden für humanitäre Hilfe, Sylvia Demelius (Kreis Recklinghausen, auch Stadt Bottrop, Stadt Gelsenkirchen)

 

Beinahe täglich berichten die Medien über Katastrophen und das Leiden der betroffenen Menschen. Viele der Berichte lösen bei den Zuschauern den Wunsch aus zu helfen. Schnell wird dann der Ruf nach Arzneimittelspenden laut. Arzneimittelspenden können ein äußerst nützlicher Teil der internationalen humanitären Hilfe sein. Bedauerlicherweise gibt es aber auch zahlreiche Beispiele dafür, dass nicht bedarfsgerechte Arzneimittelspenden Probleme verursachen. So fielen allein in Mostar (ehemaliges Jugoslawien) Ende 1995 340 Tonnen unbrauchbarer Arzneimittel an. Das böse Wort von der "billigen Entsorgung von Pharmamüll" machte die Runde. Im Rahmen der Sozialpharmazie erarbeitete die Amtsapothekerin auf der Grundlage der entsprechenden Leitlinien der Weltgesundheitsorganisation ein Merkblatt "Arzneimittelspenden" zur Aufklärung der Bevölkerung. Zudem organisierte und zeigte sie eine vom Deutschen Institut für ärztliche Mission (DIFÄM) entwickelte Ausstellung in den Räumen der Gesundheitsämter in Bottrop und Recklinghausen im Rahmen des "Tages der Apotheke". Die Ausstellung wird im Herbst auch in Gelsenkirchen zu sehen sein.

 

 

Weitere sozialpharmazeutische Projekte, die aber nicht im Rahmen der Posterdemonstration gezeigt wurden:

 

 

Nutzen und Risiken von pflanzlichen Arzneimitteln, Dr. Wolfgang Butz (Stadt Krefeld, Kreis Wesel)

Pflanzlichen Arzneimitteln wird im allgemeinen nachgesagt, sie seien altbewährte und unschädliche Arzneimittel. Sie genießen deshalb hohe Wertschätzung in der Bevölkerung. Fachleuten ist jedoch durchaus bewusst, dass eine solche pauschal positive Bewertung pflanzlicher Arzneimittel nicht ungefährlich ist. Gerade pflanzliche Abführmittel und alkoholhaltige Phytopharmaka sind Beispiele dafür, wie ein sorgloser Umgang mit diesen Mitteln zu Gefährdungen der Bevölkerung führen kann. Um die Aufmerksamkeit der Bürgerinnen und Bürger der Stadt Krefeld und des Kreises Wesel zu gewinnen, befragten Schülerinnen einer PTA-Schule Passanten über ihren Umgang mit pflanzlichen Arzneimitteln. In Apotheken lag der Fragebogen ebenfalls aus. Mit dieser Umfrage wird kein repräsentatives Ergebnis erwartet aber ein Trend, der Anlass dazu bietet, die Bevölkerung über einen sachgerechten Umgang mit pflanzlichen Arzneimitteln aufzuklären.

 

 

Arzneimittelversorgung in Altenheimen - ein gemeinsames Projekt der Amtsapothekerinnen und Amtsapotheker der Städte Dortmund, Essen, Münster, Hagen und des Kreises Mettmann

Bewohnerinnen und Bewohner von Altenheimen werden auf unterschiedliche Art und Weise mit Arzneimitteln versorgt. Meist holen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Heime die Arzneimittel aus der Apotheke. Teilweise sorgen die Apotheken in regelmäßigem Wechsel für die Belieferung der Heime. Eine vertraglich abgesicherte Versorgung mit entsprechender Beratung und Betreuung der Heimbewohner wie auch des Personales wird durch die gesetzlichen Vorschriften derzeit verhindert. Die Amtsapothekerinnen und Amtsapotheker der o. g. Städte und des Kreises Mettmann untersuchen den Ist-Zustand in den Heimen der jeweiligen Kommunen mit dem Schwerpunkt des apothekerlichen Engagements in den Heimen. Ziel ist es, auf Verbesserungsmöglichkeiten aufmerksam zu machen und einen Beitrag zur weiteren Diskussion über gesetzliche Änderungen (Apothekengesetz) zu leisten.

 

 

Frauen und Medikamente, Jochen Hendrichs (Stadt Münster)

Frauen erhalten von der Pubertät an überdurchschnittlich viele Medikamente. Ab etwa dem 45. Lebensjahr erhalten Frauen weit häufiger als Männer Psychopharmaka, insbesondere Beruhigungs- und Schlafmittel. Sucht durch Medikamente betrifft von daher in erster Linie das weibliche Geschlecht. Frauen und Medikamente ist seit 1998 eines der zentralen Themen der Gesundheitskonferenz der Stadt Münster. Im Rahmen dieser Diskussionen erarbeitete der Amtsapotheker Informationsmaterialien zu den Themen "Arzneimittelwerbung" und "Kinder und Medikamente". Außerdem gestaltete er eine Vortragsveranstaltung zum Thema Werbung, die sich an Verbraucher und an Apothekenpersonal wandte.

 

 

Nutzen und Risiken der Selbstmedikation, Clemens Schmidt (Düsseldorf)

Im Jahre 1998 schreckte eine Untersuchung der Verbraucher-Zentrale über die Beratungsleistung in Apotheken zu Schlankheitsmitteln die Apothekerschaft auf. Vorwürfe an die Verbraucherschützer, sie wollten mit ihrem Test für ein negatives Image der Apotheken sorgen, waren die Folge. Dem Amtsapotheker gelang es, Vertreter der Düsseldorfer Apothekerschaft und der Verbraucher-Zentrale an einen Tisch zu bringen und Leitlinien für die Selbstmedikation zu erarbeiten. Diese wurden in Apotheken und in den Beratungsstellen der Verbraucher-Zentrale der Bevölkerung zur Verfügung gestellt und der Öffentlichkeit in einer gemeinsamen Pressekonferenz vorgestellt.

 


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TERMINE

 

07. Oktober, online

Pharmacists for Future (Ph4F) 

 

18. November, online

VdPP-Vorstandssitzung 

 

04. November, online

Pharmacists for Future (Ph4F) 

 

 

25. November, online

VdPP-BPhD-Seminarreihe zu "Pharmazie und Planetary Health"

 

02. Dezember, online

Pharmacists for Future (Ph4F)

 

02. Dezember, online

VdPP-BPhD-Seminarreihe zu "Pharmazie und Planetary Health"

 

09. Dezember, online

VdPP-BPhD-Seminarreihe zu "Pharmazie und Planetary Health"

 

16. Dezember, online

VdPP-BPhD-Seminarreihe zu "Pharmazie und Planetary Health"