VdPP Flyer 

(1)   Die Apotheke vor Ort ist die Apotheke der Zukunft

Vor-Ort-Apotheken sind ein niedrigschwelliges Angebot für eine patientenorientierte Arzneimittelberatung. Sie leisten einen wichtigen Beitrag zur Gesundheitsversorgung. Als Wirtschaftsunternehmen müssen Apotheken zugleich ihre eigene ökonomische Existenzgrundlage sichern. Zunehmender wirtschaftlicher Druck begünstigt rein ökonomische Entscheidungen und kann so die Qualität der pharmazeutischen Versorgung gefährden. Kommerzielle Apothekenketten sind keine Lösung. Unterschiedliche Eigentumsformen, wie private, gemeinnützige, genossenschaftliche, sind denkbar.

 

Der VdPP fordert:

  • Die wissenschaftliche Qualität der pharmazeutischen Profession muss in allen Apotheken gesichert sein
  • Prävention und Gesundheitsförderung gehören in den Katalog der pharmazeutischen Dienstleistungen
  • Die Zusammenarbeit und Vernetzung mit anderen Akteur:innen im Gesundheitswesen  muss angestrebt und gefördert werden

 

(2)   Apotheken und Online-Handel

Der Online-Handel mit Arzneimitteln erhöht für Vor-Ort-Apotheken den Konkurrenzdruck. Durch wegfallende Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel bei Boni-Gewährung durch ausländische Online-Händler wären sie im Nachteil, ebenso durch oft höhere Betriebs- und Personalkosten. Eine solche Entwicklung würde zu Lasten der Vor-Ort-Apotheken gehen. Diese müssen mit personenbezogenen Dienstleistungen beauftragt werden, die in der regionalen Versorgung niedrigschwellig und wohnortnah benötigt werden.

Dadurch können die Versorgung verbessert und die Apotheken existentiell gesichert werden.

 

Der VdPP fordert:

  • Der Versand von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln aus dem Ausland muss verboten werden
  • Die wohnort- und zeitnahe Versorgung rund um die Uhr muss gesichert werden
  • Neue pharmazeutische Dienstleistungen sollen den Patient:innen personenbezogen und niedrigschwellig angeboten werden

 

(3) Sozialpharmazie

Die pharmazeutische Wissenschaft basiert auf naturwissenschaftlichen Grundlagen. Aber Bedarf, Anwendung und Nutzen von Arzneimitteln werden wesentlich von gesellschaftlichen Interessen, politischen Maßnahmen sowie sozialen und kulturellen Gegebenheiten beeinflusst. Diesen Faktoren muss die Berufsausübung der Apotheker:innen überall Rechnung tragen. Für eine evidenzbasierte, patientenorientierte, soziale und gerechte Arzneimittelversorgung müssen die Strukturen analysiert, kritisch reflektiert und neuen Herausforderungen laufend angepasst werden. International hat sich für diese Themen das Fach Sozialpharmazie etabliert.

 

Der VdPP fordert:

  • Sozialpharmazie mit ihren sozialwissenschaftlichen Methoden gehört in das Curriculum des Pharmaziestudiums
  • Sozialpharmazeutische Themen müssen in der Fort- und Weiterbildung verankert werden
  • Die Berufsorganisationen müssen sozialpharmazeutische Erkenntnisse als Herausforderung zum Handeln begreifen
  • Pharmazeut:innen müssen ihre Perspektive um sozialpharmazeutische Aspekte erweitern und sich einer gemeinwohlorientierten, interdisziplinären Gesundheitsförderung verpflichten

 

(4) Evidenzbasierte Pharmazie und Patientenorientierung

Pharmazeut:innen sind wegen ihrer wissenschaftlichen Qualifikation gefragt. Ob in der öffentlichen Apotheke, im Krankenhaus, in Institutionen, bei der Beratung von Ärzt:innen oder Patient:innen: Überall sollte die pharmazeutische Tätigkeit wissenschaftlich fundiert sein, indem sie die Erkenntnisse über Arzneimittel aus validen wissenschaftlichen Studien zugrunde legt. Dies ist etwa für die Beratung in der Selbstmedikation und für das Projekt der Arzneimittel-Therapiesicherheit (AMTS) unverzichtbar. Eine evidenzbasierte Pharmazie, die professionelle Erfahrungen und individuelle Patientenbedürfnisse einbezieht, muss konsequent beruflicher Standard und das Qualitätsmerkmal der Pharmazie werden.

 

Der VdPP fordert:

  • Evidenzbasierte Pharmazie als Ausbildungsinhalt an Universitäten mit dem Ziel einer patientenorientierten Berufspraxis
  • Praktische und aktuelle IT-Verfügbarkeit der Evidenzlage in der Apotheke, insbesondere für den Bereich Selbstmedikation
  • Stärkung der Vor-Ort-Apotheken durch wissenschaftlich fundierte individuelle Beratung
  • Herstellerunabhängige Fort-und Weiterbildung in Berufsorganisationen

 

(5)   Ethik und Monetik

In Apotheken als Wirtschaftsunternehmen ist ein Interessenkonflikt zwischen heilberuflichem Auftrag und kaufmännischem Handeln immanent; gleiches gilt für Arztpraxen und Krankenhäuser. In der Pharmazie vermissen wir eine strukturierte Debatte über Interessenkonflikte und über den Einfluss von Werbung und Big Pharma.

 

Der VdPP fordert:

  • Eine pharmazeutische Berufsethik muss im Zentrum pharmazeutischen Handelns stehen und nach innen und außen vertreten werden
  • Hohe ethische berufliche Standards sind im Umgang mit Interessenkonflikten unverzichtbar
  • Fort- und Weiterbildungen über Interessenkonflikte müssen in die Berufsordnungen der Apothekerkammern aufgenommen werden

 

(6) Ausbildung, Fort- und Weiterbildung

Das Pharmaziestudium, die PTA-Ausbildung, auch die Fort-und Weiterbildung genügen nicht den Herausforderungen an die pharmazeutischen Tätigkeiten in der Zukunft. Alle Ausbildungsbereiche müssen auf eine wissenschaftlich fundierte, nachhaltige und patientenorientierte Berufspraxis vorbereiten. Dies wird auch von den Pharmaziestudierenden reklamiert.

 

Der VdPP fordert:

  • Eine gründliche Revision der Approbationsordnung, der Curricula an den Universitäten, der PTA-Ausbildungsinhalte und ihre Orientierung auf eine moderne Pharmazie
  • Der VdPP unterstützt alle Anstrengungen, um notwendige Reformen durchzusetzen

 

(7)  Frauen und Pharmazie - Frauen und Gesundheit

Apothekerinnen stellen zwei Drittel der Approbierten; sie arbeiten überwiegend in Teilzeit und sind seltener in leitenden Positionen, ob in Apotheken oder Standesorganisationen, in der Industrie, Krankenhauspharmazie oder in Lehre und Forschung.

Frauen sind anders krank und reagieren oft anders auf Arzneimittel. Ihre gesundheitlichen und sozialen Probleme werden häufig medikalisiert.

 

Der VdPP fordert:

  • Durchsetzung der Gleichberechtigung in allen gesellschaftlichen Bereichen, auch durch Quotenregelungen
  • Die Wahl von Gleichstellungsbeauftragten in den Kammern
  • Die Intensivierung von Gender-Pharmazie und Gender-Medizin
  • Eine Aus- und Weiterbildung, die für geschlechtsspezifische Fragestellungen sensibilisiert
  • Öffentlichkeitswirksame Ächtung frauenfeindlicher Werbung und einer Medizin, die das Frau-Sein zur Krankheit erklärt

 

(8)  Digitalisierung im Gesundheitswesen

IT-Strukturen gehören seit langem unverzichtbar zum pharmazeutischen Alltag. Der Online-Handel mit Arzneimitteln ist etabliert. Mit dem E-Rezept ab 2021 nimmt die Digitalisierung Fahrt auf. Was praktisch und sinnvoll ist, wirft zugleich die Frage auf, ob die wichtigen persönlichen Patientenkontakte zur Beratung in Vor-Ort-Apotheken erhalten bleiben oder zunehmend durch Telepharmazie verdrängt werden. Eine technisch mögliche Umleitung der E-Rezepte auf Versand-Apotheken setzt zugleich die Vor-Ort-Apotheken einem harten Wettbewerbsdruck aus und wird für viele zu einer Existenzfrage werden.

 

Der VdPP fordert:

  • Goldstandard der Beratung muss das direkte persönliche Gespräch bleiben
  • Alten und hilfsbedürftigen Patient:innen ist der barrierefreie Zugang zu IT-Anwendungen zu gewährleisten
  • Apotheken erbringen digitale Dienstleistungen nur für Patient:innen, die in der Apotheke persönlich bekannt sind (ausgenommen Notfälle)
  • Digitalisierung muss von Vor-Ort-Apotheken genutzt werden, um kommunale gesundheitliche Netzwerke der Prävention und Gesundheitsförderung auszubauen
  • Ein lückenloser Datenschutz ist für alle Digitalisierungsprozesse abzusichern

 

(9) Arzneimittelpolitik

Arzneimittelpolitik, die Ausgestaltung des Arzneimittelmarktes, die Preisbildung, die Forschungsschwerpunkte für Innovationen und die Patentsicherung werden weitgehend durch pharmazeutische Konzerne bestimmt. Die Pharmaindustrie beeinflusst auch Therapie-Leitlinien. Arzneimittelforschung nach vorrangig profitorientierten Gesichtspunkten und Arzneimittelzulassungen auf Basis unzureichender Studiendaten gefährden Patient:innen weltweit. Eine Hochpreispolitik bedroht die solidarisch finanzierten Krankenversicherungen.

 

Der VdPP fordert:

  • Arzneimittelzulassungen, die sich nur auf Ergebnisse aus klinischen Studien stützen, die nach dem anerkannten Stand der Wissenschaft durchgeführt wurden
  • Arzneimittelzulassungen vor Abschluss der Erprobung nur für absolut notwendige und ethisch vertretbare Anwendungen
  • Politische Maßnahmen gegen die Hochpreispolitik für Arzneimittel, auch zum Schutz der solidarischen, sozialen Sicherungssysteme
  • Patientenorientierte, evidenzbasierte, unabhängige und transparente Information über Nutzen und Schaden von Arzneimitteln
  • Konsequente Beseitigung der Ursachen von Lieferengpässen und Maßnahmen zur Eindämmung von Arzneimittelfälschungen

 

(10) Gesundheitspolitik

Der staatliche Auftrag, die Gesundheitsversorgung als öffentliche Daseinsvorsorge zu gestalten, wird nicht ausreichend erfüllt. Die Gesamtwirtschaft drängt auf niedrige Gesundheitsausgaben, die Gesundheitsindustrie lobbyiert für beste Profitbedingungen. Interessen von Patient:innen bleiben oft auf der Strecke. Indikatoren für gesundheitliche Chancengleichheit wie gute Bildung und Abbau von sozialer Ungleichheit werden politisch vernachlässigt. Der Zugang zu benötigten Leistungen unabhängig vom sozialen und ökonomischen Status ist nicht solidarisch gewährleistet.

 

Der VdPP fordert:

  • Eine solidarische Bürgerversicherung, die von allen durch einkommensabhängige Beiträge finanziert wird und allen einen gleichen Leistungsanspruch sichert
  • Konsequente Realisierung der Patientenbeteiligung auf allen Ebenen der Selbstverwaltung
  • Umsetzung der gesundheitspolitischen Handlungsfelder der Ottawa-Charta zur Gesundheitsförderung von 1986

 

(11)   Gesundheit und Klimaschutz

Der Klimawandel mit seinen bedrohlichen Auswirkungen auf die Natur und die Gesellschaft wird zunehmend wahrgenommen. Seine gesellschaftspolitischen Ursachen, die gesundheitlichen Folgen und die Notwendigkeit von Gegenmaßnahmen werden oft noch verdrängt. Auch Pharmazeut:innen müssen auf die Bedrohungen reagieren, die Gesundheitsrisiken erkennen, insbesondere im Zusammenhang mit Arzneimitteln und ihrer Anwendung.

 

Der VdPP fordert:

  • Fort-und Weiterbildung über klimabedingte Gesundheitsrisiken durch die Berufsorganisationen
  • Aufklärung und Beratung der Patient:innen über Präventionsmöglichkeiten und über erforderliche Verhaltensregeln
  • Zügige Realisierung von klimaneutralen Apotheken
  • Thematisierung der Klimaprobleme in allen pharmazeutischen Tätigkeitsbereichen, etwa auch in Krankenhäusern und Verwaltungen
  • Umsetzung von Klimazielen durch Beteiligung in lokalen Netzwerken
  • Abzug von Investitionen der Versorgungswerke der Apotheker:innen in fossile Brennstoffunternehmen und Reinvestition in nachhaltige Anlagen (Divestment)
  • Beteiligung an öffentlichen Klimaaktionen im Gesundheitswesen

 

(12)  Globale Gesundheit und Frieden

Das WHO-Ziel Gesundheit für alle ist eine globale Aufgabe. Weltweit bestehende Ungleichheiten bei Gesundheits- und Lebenschancen sind politisch verursacht, etwa die Hürden beim Zugang zu preiswerten unentbehrlichen Arzneimitteln und Impfstoffen, vor allem in den Ländern des globalen Südens. Die sozialen Determinanten von Krankheit werden gegenüber individualisierten Risiken weitgehend vernachlässigt. Hier muss verantwortungsvolle globale Gesundheitspolitik ansetzen. Kriege verursachen und verschärfen alle Probleme.

 

Der VdPP fordert:

  • Die finanzielle und politische Stärkung der WHO durch ihre Mitgliedsorganisationen
  • Die Schaffung und Förderung von gesunden Lebens- und Umweltbedingungen auf lokaler, nationaler und globaler Ebene
  • Eine Gesundheitspolitik unter Einbeziehung aller sozialen, ökologischen und gesundheitlichen Auswirkungen im Sinne von Health-in all-Policies
  • Die Umsetzung von Gesundheitsprogrammen vor allem in armen Ländern unter Nutzung ihrer kulturellen und traditionellen Ressourcen
  • Unterstützung des globalen Aufrufes „Patente töten“
  • Wirksame Maßnahmen gegen die Ausbreitung von Antibiotika-Resistenzen
  • Ein Lieferkettengesetz, das Unternehmen zur Einhaltung sozialer, ökologischer, menschenrechtlicher und arbeitsrechtlicher Sorgfaltspflichten zwingt
  • Abrüstung, Ende der Waffenexporte, weltweite Ächtung von Atomwaffen, friedenssichernde Politik 

 

VdPP Flyer
Flyer_VdPP_2021_neu.pdf
PDF-Dokument [17.4 MB]

http://www.vdpp.de

TERMINE

 

 

02. April, online

Pharmacists for Future

 

12.-14. April, Hannover

Gemeinsame Fachtagung von VdPP und MEZIS

 

07. Mai, online

Pharmacists for Future

 

04. Juni, online

Pharmacists for Future

 

07.-09. Juni, Hamburg

VdPP-Mitgliederversammlung

 

02. Juli, online

Pharmacists for Future

 

06. August, online

Pharmacists for Future